Klicky Island

Normale Version: Fastnacht in Playmohausen
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Zur diesjährigen Fastnacht habe ich endlich einen kleinen Rosenmontagsumzug und damit setze ich jetzt meinen Fastnachtsthread in der KW fort. Allerdings meke ich dabei immer mehr, dass mich die kleinen Bilder in der Klickywelt nicht mehr befriedigen, schon gar nicht, wenn es um die großen Panoramen des Rosenmontagsumzugs geht. Daher habe ich beschlossen, die Geschichte hier noch einmal einzustellen.

Fangen wir noch mal von vorne an, zuhause bei meiner Volkskundeprofessorin Anna Grimm:

Anna (singt): "Und dann geht's humpa humpa humpa täterä, täterääää....
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(Schallplatte aufleg und Lautstärke voll aufdreh)
link/ https://www.youtube.com/watch?v=dKZqC8GLeqM
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Anna (singt): "Schrumm, bumm, bumm ..."
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Anna (singt): "Schon wieder eine Seele vom Alkohol gerettet-tet ..."
Von oben: "KLOPF - KLOPF - KLOPF ... RUHE!"
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Anna (singt): "...schon wieder eine Seele vom Alkohol befreit..."
Von oben (lauter): "RUHE!!!! RUUUUHE!!!! KLOPF - KLOPF - KLOPF"
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Anna (singt): "Schrumm, bumm, bumm ..."
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Anna (singt): "Tralala bumm bumm bumm..."
Türglocke: "Dring! Driiiiiiing!!!"
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Emil Emsig: "Anna! Bist du närrisch geworden?! Was soll der Krach?! Und dein Musikgeschmack war auch schon mal besser!"
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Anna: "Heute haben wir den Schmotzigen Donnerstag bzw. Weiberfastnacht. Wer heute nicht närrisch wird, der verpasst das Beste."

Emil: "Also ich weiß nicht. Warum soll man unbedingt an einem bestimmten Tag feiern? Ich feiere lieber, wenn mir selbst danach zu Mute ist."
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Anna: "Setz dich erst mal hin. Dann erzähle ich dir, warum wir ausgerechnet heute feiern."
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Anna (Musik abdreh): "Das war bloß der Altjägermarsch von 1813. Eines der ältesten Musikstücke, die traditionsgemäß auf der Straßenfastnacht gespielt werden."
Emil: "Ich mag keine Marschmusik"
Anna: "Im 19. Jahrhundert, als die großen Karnevalsumzüge entstanden, war das total 'up to date'. Die Marschmusik eignet sich nun mal gut für groß angelegte Umzüge. Also hat man damals erst mal bereit vorhandene Märsche für Karneval verwendet, die dann teilweise noch Texte zum Mitsingen entwickelt haben, wie hier (singt) 'Schon wieder eine Seele vom Alkohohl'..."
Emil: "Bitte!!!!!"
Anna: "Tschuldigung"
Später hat man dann eigene Märsche komponiert. Der Mainzer „Narrhallamarsch“ von 1840 gilt als erster eigens für die Fastnacht arrangierter Marsch; er verwendet Motive aus einer französischen Oper. 
link/ https://www.youtube.com/watch?v=U-2DFOyUDAc
Der Rottweiler Narrenmarsch wurde 1882 von Heinrich von Besele als wahrscheinlich erster spezieller Narrenmarsch der schwäbisch-alemannischen Fasnet komponiert.
link/ https://www.youtube.com/watch?v=aBpA8DdljQo
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Anna: "Glühwein gefällig?"
Emil: "Gerne. Wenn du aufhörst zu singen ... Dafür kannst du mich ja ein wenig über die Geschichte der Fastnacht aufklären."
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Das Thema ist ja nicht so meines...
Aber die Erklärungen helfen doch das ganze Thema besser zu verstehen!
Die Bilder sind wirklich gut gelungen.
Anna: "Da habe ich auch einige gute Bücher dazu. Moment mal...Die Hypothese, dass Fastnacht und. Co germanischen Ursprungs sei, ist immer noch nicht tot zu kriegen. Dabei stammen die ältesten schriftlichen Erwähnungen von Fastnachtsbräuchen aus dem 14. Jahrhundert. Wie meistens, handelt es sich dabei um Verbote und Verurteilungen von Ausschreitungen. Sicher ist, dass die Fastnachtsfeiern im späten Mittelalter in den damals aufstrebenden Städten entstanden und hauptsächlich von Handwerkszünften organisiert wurde."
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Anna: "Das Wort 'Fastnacht' bezeichnet ursprünglich den letzten Abend vor der Fastenzeit. Während der Fastenzeit waren damals Fleisch, Würste, Wein (aber nicht Bier) und andere tierische Produkte wie Eier und Schmalz verboten. Das musste dann alles noch aufgebraucht werden. Außerdem wollten die Leute noch einmal einen draufmachen, bevor die Fastenzeit begann. Der Begriff 'Karneval' ist erstmals Ende des 17. Jahrhunderts, im Rheinland erstmals im Jahr 1728 nachweisbar. In den Kölner Stadtakten taucht „Carneval“ erstmals um 1780 auf. Er leitet sich vom mittellateinischen Begriff carne levare (Fleisch wegnehmen) ab.
Übrigens, später kommen noch Jim und Francesca zum gemeinsamen Backen von Fasnetsküchle. Du kannst gerne mitmachen."
Emil: "Wenn es zu essen gibt, bleibe ich doch gerne."
Anna: "Solange habe ich hier noch ein nettes Filmchen:"
link/ https://www.youtube.com/watch?v=nlsi9N6TDpo
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Trudi Grimm und Freundinnen betreten laut kichernd und singend die Wohnung.

Alle: "Playmohausen Alaaf!"
Trudi: "Mama, hast du schon Küchle gemacht?"
Freundinnen: "Und wohin jetzt mit unserer Beute?"
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Vampirmädchen: "Na, und wen haben wir da? Noch 'ne Krawatte!"
Emil: "Gnade! Das ist eine echte Lederkrawatte!"
"Und was bietest du für's Verschonen?"
Emil: "Einen Platz auf der Pressetribüne am Rosenmontag?"
"Für alle drei?"
"Ich werd's versuchen."
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Emil: "Apropos Rosenmontagsumzug, Anna, möchtest du nicht bei der Fernsehübertragung ein wenig Hintergrundinformationen einbringen? Du kennst dich doch so gut aus."
Anna: "Sehr gerne!"
Emil: "Und mich mal darüber aufklären, wo dieser Unsinn mit dem Krawatte Abschneiden kommt."
Anna: "Na ja, als es im 19. Jahrhundert das höhere Bürgertum übernahm, die Karnevalsumzüge und Sitzungen zu organisieren, war das alles erst mal Männersache. Aber die Wäscherinnen von Bonn-Beuel wollten sich das nicht gefallen lassen und gründeten 1824 das erste Damenkomitee, um die Teilnahme am Karneval zu erkämpfen. Aus den Feiern der Frauen entwickelte sich dann die Weiberfastnacht. An diesem Tag stürmen Frauen die Rathäuser, um die Männer zu entmachten. Aber das Abschneiden der Krawatten entstand erst nach 1945. Es geht aber auch dabei um die symbolische Entmachtung der Männer."
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Trudi: "Hier können wir unsere Beute hinhängen."
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Trudi: "Etwas Glühwein zu Aufwärmen, Mädels, bevor wir uns wieder ins Treiben stürzen?"
Clownin: "Was Heißes ist immer gut, bei dem Wetter heute. Wegen der Fasnetsküchle müssen wir wohl später noch mal vorbeischauen."
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Emil: "Du erzählst viel vom 19. Jahrhundert. Aber wie ging es los? Was weiß man über die ältesten Karnevalsbräuche?

Anna: "Erste, einzelne Belege für Fastnachtsfeiern gibt es aus dem 13. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert hat sich die Fastnacht dann etabliert und erlebt in den Städten eine erste Blüte. Es gab Turnierveranstaltungen des Adels, Festessen und Maskenumgänge. Wie diese ausgesehen haben, kann man sich in den Bilderchroniken des Nürnberger Schembartlaufes anschauen. 
link/ https://de.wikipedia.org/wiki/Schembartlauf
Die Schembartläufer stellten die Anführer eines Handwerkeraufstandes dar und galten als solche als Personifikationsallegorien der vom Teufel verkerkehrten Aufständischen. Sie zogen Kostüme an, die verschiedene Laster versinnbildlichten wir Spielleidenschaft, Wollust, Geiz. Außerdem führten sie sogenannte "Höllen" mit sich, Schlitten, auf denen entsprechende Motive dargestellt wurden. Sinn solcher Veranstaltungen war, zu zeigen, was "des Teufels" ist, um das Volk wirkungsvoller zur Umkehr (Fastenzeit) zu motivieren.
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Eine wichtige Symbolfigur war von Anfang an der Narr. Sein Wesen wird schon in den Psalmen als gottesfern beschrieben: "Der Narr spricht in seinem Herzen: »Es gibt keinen Gott!« (Ps 53,2)" 
Der Harlekin ans der Comedia del Arte verbindet noch dämonische Züge mit der Rolle des derben Spaßmachers. https://de.wikipedia.org/wiki/Harlekin
Den Narren erkennt man an der Narrenkappe und ursprünglich auch an dem Flickenkleid. Alte Narrendarstellungen findet man auch in Kirchen, wie auf der Wange einer Kirchenbank im Rottweiler Münster: http://www.narren-spiegel.de/media/04Kirche-2.jpg
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Ein weiteres wichtiges Attribut des Narren ist der Spiegel. Damit kann er sich selbst bewundern (Narzissmus), diesen aber auch seinen Mitmenschen vorhalten.
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Auch die Teufelsfigur gehört zu den ganz alten Figuren. Ein schönes Beispiel dafür ist der Teufelsschuttig aus Elzach:
link/ http://www.narrenzunft-elzach.de/.cm4all...Teufel.jpg
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Viele Narren sind mit Schellen behangen. Auch hier gibt es einen biblischen Bezug: "Wenn ich mit Menschen-und mit Engelszungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. (1Kor 13,1)" 
Ein schönes Beispiel dafür ist das Rottweiler Gschell: http://naros.de/bilder/2006_fasnetmentig...27-048.JPG Durch eine bestimmte Art der Fortbewegung, das "Jucken" werden die 6 Riemen Schellen zum Klingen gebracht. Das bemalte "Kleidle" stammt übrigens aus der Barockzeit.
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Ein Kostüm, das viel jünger als vermutet ist, ist die Hexe. Hexen erscheinen in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht erst in den 1930iger Jahren. Die Offenburger Hexen gelten als die ältesten, auch wenn andere Städte ihnen diesen Rang streitig machen. http://www.badische-seiten.de/bild/offen..._hexen.jpg
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Auch Türken sind seit der frühen Neuzeit eine beliebte Figur. Auf Fotos vom Beginn des 20. Jahrhunderts tragen die meisten männlichen Zuschauer der Umzüge einen Fez.
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Steht dir gut!
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DING DONG!

Jim und Francesca sind zum gemeinsamen Fasnetsküchle backen gekommen.
Anna: "Schön, dass ihr da seid. Kommt rein!"
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Anna: "Schmalzgebäck in allen Varianten ist typisch für die Fastnacht. Denn Eier und Schmalz mussten ja noch vor der Fastenzeit aufgebraucht werden.
Für mein Rezept braucht man: 
500 g Mehl
60-80 g Butter
50 g Zucker
2 Eier
250 ml Milch
1 Würfel Hefe
etwas Salz
Daraus einen Hefeteig herstellen.
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In einem Topf wird Fett heiß gemacht.
Aus dem Teig formt man flache "Küchle", die so auseinandergezogen werden, dass sie in der Mitte hauchdünn sind.
Diese werden im heißen Fett frittiert.
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Dann legt man sie auf Küchenpapier, um das Fett ein wenig abtropfen zu lassen.
Francesca: "Sollten die nicht in der Mitte hauchdünn sein?"
Anna: "Ich kann leider so viel üben wie ich will, besser kriege ich sie nicht hin. Schmecken aber trotzdem!"
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Dann bestreut man sie mit Zimtzucker. Noch warm schmecken sie am allerbesten.
Guten Appetit!
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Mein Playmohausener Rosenmontagszug hat kein konkretes Vorbild. Er ist eher eine Mischung aus rheinischem Karneval und schwäbisch-alemannischer Fasnet. Auch wenn die Puristen aller Fastnachtsregionen deswegen entsetzt aufheulen dürften, ist diese Mischung jetzt auch nicht dermaßen unwahrscheinlich, man schaue nur nach Villingen, da laufen seit eh und je Narrozunft (mit ihren hölzenen Schemen = Masken, bemaltem Häs und Schellen typische Vertreter der schwäbisch-allemannischen Fasnet) und die Katzenmusik mit Motivwägen und Tanzgarden einträchtig abwechselnd durch die Stadt.
Wenn man sich näher mit der Entwicklung des Festes beschäftigt stellt man fest, dass es sich ohnehin um ein und dasselbe Fest handelt, trotz der verschiedenen regionalen Bezeichnungen, und dass die unterschiedlichen Ausdrucksformen allein der Entstehungszeit geschuldet sind.
Ich bin mit der schwäbisch-allemannischen Fastnacht großgeworden und da schlägt auch mein Herz. Allerdings lassen sich diese Gestalten unmöglich in Playmobil nachbauen. Die großen, tollen Mottowägen vom Rhein sind da allerdings auch nicht leichter. Also habe ich einfach mal geschaut, was geht, und das ist eine ganze Menge, habe gebastelt und das Ergebnis fastnachtsgeschichtlich eingeordnet. Die Vorbilder stammen aus unterschiedlichen deutschen und schweizer Regionen und aus allen Epochen der Fastnachtsentwicklung.
Mein Playmohausen ist eine katholisch geprägte Kleinstadt abseits großer Zentren, daher eigentlich der perfekte Ort für eine ungestörte Entwicklung von Fastnachtstaditionen über alle Epochen hinweg.

Es ist Rosenmontag in Playmohausen. Die Straßen füllen sich so langsam mit feierlustigen Zuschauern.
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Emil Emsig: "Liebe Zuschauer von RTV Playmohausen, ich begrüße euch zur großen Live Übertragung des Playmohausener Rosenmontagszuges."
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Emil: "An meiner Seite steht wieder die Volkskundeprofessorin Anna Grimm. Anna, wenn ich nicht wüsste, wer in diesem Kostüm steckt, hätte ich dich nicht erkannt!"
Anna: "Nun, das Verkleiden bis zur Unkenntlichkeit ist eine der wichtigsten und ältesten Fastnachtstraditionen. Welchen Sinn das macht, werden wir später sehen, wenn im Zug die Bajasse kommen." 
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Emil: "Solange lassen wir noch mal die Kamera schweifen."
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Emil: "Bockwurst-Benno macht gerade mal wieder das Geschäft des Jahres! Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Fastnacht zu einem großen Teil aus Essen und Trinken besteht."
Anna: "Der Eindruck täuscht nicht! Schließlich bestand ja der ursprüngliche Sinn der Fastnacht darin, die Vorräte an Fleisch, Eiern und Schmalz aufzubrauchen, da das in der Fastenzeit nicht mehr gegessen werden durfte. Darum spielten die Metzgerszünfte in den spätmittelalterlichen Feiern eine Hauptrolle, sozusagen als Entschädigung für die folgenden 6 Wochen ohne Einkünfte. Ich verspreche, wir werden im Umzug noch einiges an Würsten zu sehen kriegen."
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Emil: "Achtung, liebe Zuschauer, es geht los! Der Zug kommt! Begrüßen wir ihn mit einem kräftigen PLAYMOHAUSEN ALAAF!"

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Emil: "Angeführt wird der Zug wie immer von Reitern in historischen Kostümen und mit der Playmohausener Fahne."
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Emil: "Danach folgt die Stadtkapelle mit dem traditionellen Altjägermarsch. 
link/ https://www.youtube.com/watch?v=dKZqC8GLeqM
Das ganze macht aber einen ganz schön militärischen Eindruck. Oder was meinst du dazu, Anna?" 
Anna: "Nun, als im 19. Jahrhundert die großen Karnevalsumzüge entstanden, da war das Militärische groß in Mode. Also hat man es eben in die Umzüge eingebaut, teils, weil es den Leuten eben gefallen hat. Marschmusik passt nun mal gut zu großen Umzügen. Und teils, um sich über das Militär lustig zu machen. Dazu sehen wir später auch noch Beispiele."
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Anna: "Der Fahnenschwinger gehört ebenfalls zur Militärtradition."
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Anna: "Die Konfettikanone dagegen ist ein Klassiker der Militärparodie."
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Emil: "Und da kommt auch schon die nächste Gruppe, die Bajasse. Begrüßen wie sie mit einem lauten 'NARRI - NARRO'! Anna, was kannst du uns über die Bajasse erzählen?"

Anna: "Unsere Playmohausener Bajasstruppe wird vom Till Eulenspiegel angeführt. Der Till ist der Narr schlechthin und der Narr wiederum ist seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert der wichtigste Repräsentant und das prägende Sinnbild der Fastnacht. 1494 erschien das Buch 'Das Narrenschiff' von Sebastian Brant, das den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Narrenliteratur bildete. Damals stieg der Narr zur Symbolfigur des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit auf."
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Anna: "Unsere Bajasse sind allerdings in ihrem Erscheinungsbild jünger. Der Bajass (von 'Pagliaccio') stammt aus der Comedia del Arte und war Teil einer 'Zanni' Figurengruppe. Die Zanni waren eine Reihe lächerlicher Dienergestalten, zu denen auch der Arlecchino gehörte. Den Pagliaccio erkennt man am hohen spitzen Hut und pludrig weiten Gewand, den Arlecchino am Gewand mit Rautenmuster und weißen Kragen. Im 18 Jahrhundert wanderten die Zanni-Figuren immer mehr in die deutsche Fastnacht ein. Überhaupt wurde damals die Begriffe  immer mehr italienisiert: Aus 'Fastnacht' wurde 'Karneval', aus der 'Larve' die 'Maske'."
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Emil: "Wie ihr sehen könnt, tragen die meisten der Bajasse weiß bemalte Holzmasken, die nicht nur das Gesicht verbergen, sondern auch die Stimme unkenntlich machen. Das bietet die Möglichkeit, die Torheiten des Alltags auszuplaudern und hintersinnig zu kommentieren. Für diese närrischen Rügebräuche gibt es unzählige Begriffe, hier in Playmohausen reden wir von 'aufsagen'. Anna, wie funktioniert das Aufsagen konkret?"

Anna: "Nun, der Bajass sucht unter den Zuschauern nach Leuten, die er kennt und verwickelt sie in eine Gespräch, bei dem er ihnen ihre im Lauf des Jahres begangen Dummheiten und charakterlichen Schwächen unter die Nase reibt. Wichtig dabei ist, dass der so Gerügte niemals ernsthaft beleidigt wird, das Motto lautet: 'Jedem zur Freude und niemand zum Leid'. Im Idealfall kontert der Gerügte schlagfertig, so dass sich ein witziger Schlagabtausch ergibt. Wichtig für das Aufsagen ist auch, dass sowohl das Opfer als auch der Bajass immer gedutzt wird, egal, wie man sich sonst im Alltag anredet."
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Anna: "Am Ende darf der 'Aufgesagte' beim Bajass in den Korb greifen, um ihm die Wahrheit etwas zu versüßen."
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Wer mehr zum Bajass wissen will, kann hier gucken: http://www.narren-spiegel.de/figuren/bajass_domino.html

Emil: "Hinter den Bajassen sehen wir jetzt auch schon die nächste Gruppe, die Funkengarde."
link/ https://www.youtube.com/watch?v=6q0HGchbx8E
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Anna: "Die Karnevalsgarden entstanden mit der Neuorganisation des Straßenkarnevals in den 1820iger und 30iger Jahren als Persiflage auf das Militär. Urspünglich gab es pro Garde nur ein Funkenmariechen, das von einem Mann verkörpert wurde. Erst während des dritten Reiches übernahmen Frauen diese Rolle, Männer in Frauenkleidern waren damals nicht gerne gesehen. Der heutige Gardetanz entwickelte sich aus den Revuetänzen der 1920iger und 30iger Jahre."
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Anna: "Das Spiel mit Geschlechterrollen gehörte vom Anfang an zum Karneval. Männer in Frauenkleidern ist eine der ursprünglichsten Kostümierungsformen, die immer noch gut ankommt. Unsere Plamohausener Funken haben folgerichtig ein Tanzpaar, das nicht nur die Kleider, sondern auch die Rollen beim Tanzen vertauscht hat."
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Wieder sehr interessant, was da in Playmohausen los ist!
na das ist ja mal ein Umzug!!!
Der ist ja klasse gemacht, und wieder echt viel zu dem Thema erfahren bin schon gespannt auf die nächsten Bilder vom Umzug.
In Playmohausen wir es nie langweilig.
(13.02.2018, 22:24)Artona schrieb: [ -> ]das Motto lautet: 'Jedem zur Freude und niemand zum Leid'.
Tolles Motto! Selbst bei (gespielten) "Ermahnungen.
Da entpuppen sich die Narren als die wahren Weisen. Wäre auch ein passender Slogan für die Insel. Smile
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