20.09.2019, 20:20
Es war ein Junger und ein Alter. Der Junge war Koch vom Fach, hatte in Homburg, Aachen, Baden-Baden die große Schule durchgemacht und peinigte mich durch lange Schilderungen des Koch- und Badelebens, die er mit Fistelstimme und einer unheimlich geschraubten Begeisterung vortrug.
Gemütlicher war der Alte. Er war über sechzig, trug eine Brille mit ungewöhnlich großen Gläsern und war seines Zeichens ein lateinischer Sprachlehrer aus Moulins. Seit Jahr und Tag kochte er nun als Auxilliarcuisinier (Aushilfskoch) die Gefangenensuppe und behandelte den Wechsel der Dinge en philosophe (philosophisch). Dabei republikanisierte er scharf.
Dieser Alte dirigierte nun die Infirmerie. Er hatte Streichhölzer, Salz, zwei Handtücher; sein eigentliches Ansehen beruhte aber doch auf seiner ‚Bibliothek‘ und vor allem auf jener Küchenlampe, die ich ihn eben hatte anzünden sehen. Die Lampe wurde denn auch von ihm selber wie von allen Mitgefangenen gehegt und gepflegt; alles putze an ihr herum, um sie hübsch blank zu erhalten...
Der Alte, der (schon von Metier wegen) an Klassizität meinem penser libre in Besançon wenig nachstand, unterhielt mich eingängig noch eine halbe Stunde, dann ging ich zu Bett. Am Fenster brannte das Lämpchen und hatte seinen Lichtkreis.
In diesem Lichtkreis saß der lateinische Lehrer und Auxilliarkoch und las in Rabous ‚La grande Armée‘... In dem weiten Rest des Zimmers herrsche Dämmerung. Das Getrappel über uns, wo Gefangene auf und ab liefen, um sich zu erwärmen, hörte endlich auf, alles wurde still. Nur die Zylinderlampe brannte dankbar die Nacht hindurch.
Gemütlicher war der Alte. Er war über sechzig, trug eine Brille mit ungewöhnlich großen Gläsern und war seines Zeichens ein lateinischer Sprachlehrer aus Moulins. Seit Jahr und Tag kochte er nun als Auxilliarcuisinier (Aushilfskoch) die Gefangenensuppe und behandelte den Wechsel der Dinge en philosophe (philosophisch). Dabei republikanisierte er scharf.
Dieser Alte dirigierte nun die Infirmerie. Er hatte Streichhölzer, Salz, zwei Handtücher; sein eigentliches Ansehen beruhte aber doch auf seiner ‚Bibliothek‘ und vor allem auf jener Küchenlampe, die ich ihn eben hatte anzünden sehen. Die Lampe wurde denn auch von ihm selber wie von allen Mitgefangenen gehegt und gepflegt; alles putze an ihr herum, um sie hübsch blank zu erhalten...
Der Alte, der (schon von Metier wegen) an Klassizität meinem penser libre in Besançon wenig nachstand, unterhielt mich eingängig noch eine halbe Stunde, dann ging ich zu Bett. Am Fenster brannte das Lämpchen und hatte seinen Lichtkreis.
In diesem Lichtkreis saß der lateinische Lehrer und Auxilliarkoch und las in Rabous ‚La grande Armée‘... In dem weiten Rest des Zimmers herrsche Dämmerung. Das Getrappel über uns, wo Gefangene auf und ab liefen, um sich zu erwärmen, hörte endlich auf, alles wurde still. Nur die Zylinderlampe brannte dankbar die Nacht hindurch.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)