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Reisebekanntschaften
#4
Aber von solchen Kleinigkeiten ließ Frau Carpek nicht den Morgen verderben. Gut gelaunt ging sie hinüber zum Saloon, wo der Wirt bereits dabei war auszufegen. Auch ihm sah man die letzte Nacht an. Interessanter Weise saßen an einem der Tische immer noch drei Kartenspieler. Sie mussten die Nacht durchgemacht haben.

   

„Nimm noch einen Schluck!“ lallte der Alte dem tätowierten Mann neben ihm zu. Lucie beobachtete die Szene einen Augenblick und wendete sich dann doch dem Wirt bezüglich des Frühstücks zu. Der nickte nur und wies auf einen der bereits gewischten Tische. Die Dame setzte sich und schaute wieder interessiert den Pokerspielern zu.  Alle hatten wieder Karten, es wurde gesetzt und das tätowierte Halbblut hatte anscheinend kein Geld mehr. Es wurde lauter an dem Tisch und Lucie konnte es kaum verhindern, das Gespräch mitzuhören.

   

„Gebt mir doch die drei Dollar.“ Fragte er die beiden anderen Spieler. Aber die schüttelten den Kopf. „Wenn Du kein Geld mehr hast, bist Du draußen.“ sagte der eine Mann. Dann fragte der Indianer den Wirt nach einem Darlehn.

   

Ich zahle es Dir sofort wieder. Ich kann gar nicht verlieren.“ Aber auch der Wirt wies ihn ab. Dann sagte der Alte mit zahnlosem Grinsen: „Dann setzt doch Deine Alte Kiste.“ Und kicherte. Aber der geldlose Spieler schüttelte den Kopf, als wären alle Geister der Hölle hinter ihm her. Einen solchen Gesichtsausdruck hatte Lucie schon lange nicht mehr gesehen.
„Mister!“ mischte Lucie sich in das Gespräch ein und ging zu ihm hinüber. Über seine Schulter warf sie einen Blick auf seine Karten. Ja, das Blatt sah in der Tat gut aus, soweit sie das beurteilen konnte.
„Und Sie sind sich sicher, dass Sie gewinnen werden?“ flüsterte die Dame ihm zu.

   

„Ja, unbedingt.“ Lallte er und sie roch den Whisky der letzten Stunden.
„Dann leih ich es Dir und Du gibst mir Deine Kiste nur als Pfand. Sobald Du gewonnen hast, und Du mir das Geld wieder gibst, gehört sie wieder ganz Dir.“ Schlug sie ihm vor. Seine Augen hatten wieder den Glanz des Entsetzens. Aber der Whisky in ihm zeigte seine Wirkung und nach weiteren Argumenten von Frau Carpek, ließ er sich darauf ein. Lucie legte das nötige Geld auf den Tisch, das er dabei bleiben und sehen konnte.

   

Der Mann ihm gegenüber grinste und legte seine Karten auf den Tisch. Und sein Blatt war besser. Der Halbindianer wurde blass und seine Hand krallte sich um den Griff der Truhe neben sich. 
Der Gewinner nahm das Geld und beide anderen Spieler verabschieden sich. Es war schon morgens und beide gingen heimwärts.

   

Der Indianer saß immer noch am Tisch, den Kopf auf die Tischplatte gelegt.
„Nun, Sie können die Kiste jederzeit auslösen, wenn Sie das Geld haben. Die nächsten Wochen werden Sie mich allerdings in San Franzisco finden.“ Lucie lächelt und speist weiter.
„Nein, Madam, Sie verstehen nicht. Diese Kiste ist von meinem Stamm. Mein Vater gab sie mir zur Verwahrung als wir von unserem Land vertrieben wurden. Mein Vater hat den Schatz darin gehütet und vor ihm sein Vater und davor sein Vater. Es ist von den Geistern unserer Ahnen. Bitte, Sie müssen ihn mir wiedergeben, Wenn ich das Geld habe, gebe ich es ihnen, aber die Kiste muss bei mir bleiben. Ich habe geschworen, sie zu hüten.“

   

„Nun mein junger Freund, Sie können das Geld auch bei mir abarbeiten. Kommen Sie doch einfach mit, dann können sie mich und die Kiste beschützen.“ Lächelt Lucie. „Die Kutsche fährt in einer Stunde. Sie können ja in der Kutsche nüchtern werden.“
Just in diesem Augenblick erscheint der Kutscher und überreicht Lucie das Schreiben des Grafen Orlok.

   

Aufmerksam liest sie die liebevoll formulierten Zeilen, mit der Erklärung seines plötzlichen Verschwindens, der Bitte, sich um seine Kiste zu kümmern und dem Versprechen, bald wieder zu ihr zu stoßen. Sie seufzt leise. Noch eine Kiste! Dann sieht sie wieder hoch zum Kutscher, der immer noch neben ihr steht.
„Nun, dann bringen sie meine Kiste und die des Grafen auf die Kutsche. Seinen sie mit beiden vorsichtig und ebenso verfahren Sie mit der Kiste dieses Herren. Achja, und setzen Sie ihn in die Kutsche, ich brauche Gesellschaft während der Fahrt. Ich zahle seine Karte.“
Der Kutscher nickt und wendet sich eher unwillig dem inzwischen bewusstlosen Indianer zu. Ja, die Europäer sind schon arg seltsam. Indianer fährt er nur ungern. Aber er weiß, dass die Dame gut zahlt, also ist ihr Wille wohl Befehl.

   

Er holt noch die Burschen, die alle drei Kisten auf die Kutsche bringen und festmachen.
Kurz darauf steht Lucie Carpek auf der staubigen Straße und steigt in die Kutsche. In ihrer Hand noch der Brief des Grafen und ihr gegenüber der schlafende Indianer.


   

Nun, manchmal kommen Dinge ganz anders als man es vermuten könnte, denkt sie so bei sich und nimmt in der Kutsche Platz. Der Kutscher knallt mit der Peitsche und sie fährt dem neuen Tag entgegen.

   
    
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