Mitllerweile ist Graf von Abel in London angekommen. Die "Windsbraut" hat bereits wieder abgelegt und wird ihre Fahrt durch die Biskaya, die Meerenge von Gibraltar und das Mittelmeer nach Ägypten fortsetzen.
Graf von Abel beehrt sich, dem verehrten Baron Cohen folgende geheime Denkschrift zu übersenden:
"Im Großherzgtum ist man besorgt über das Gleichgewicht der Kräfte.
Der Zugang zu Seehandelswegen stellt für das russische Reich eine essentielle Frage dar.
Zum Glück konnte verhindert werden, daß das Baltikum mit den Ostseehäfen aus dem russischen Reich herausgetrennt und der projektierten Krakauer Union zugeschlagen werden. Dies hätte bedeutet, daß sich das russische Reich neue Zugänge zu den Seehandelswegen hätte suchen müssen. Dies hätte entweder durch einen Feldzug gegen das osmanische Reich mit dem Ziel der Eroberung des Bosporus (1) geschehen können, oder aber durch den Versuch des Vorstoßes durch den indischen Subkontinent zum Indischen Ozean.
Dies hätte ein Versiegen der Handelsströme aus dem russischen Reich durch das Baltische Meer u. a. zum Mutterland des Empire bedeutet.
Da die Häfen des Baltikums in russischer Hand bleiben, scheint zumindestens die Gefahr eines Krieges um den Bosporus vorerst gebannt. Da aber Ihre verehrte Majestät Queen Meghan geruht haben, Indien in die Unabhängigkeit zu entlassen, ist hier möglicherweise ein Machtvakuum entstanden, welches das russische Reich dazu veranlassen könnte, den Vorstoß durch Indien zu den Küsten des Indischen Ozeans zu wagen. (2)
Würde der indische Subkontinent somit Teil des russischen Reiches, so würde dies zu einem gewaltigen Machtzuwachs Rußlands und somit zu einer empfindlichen Verschiebung des Gleichgewichts der Kräfte führen. Dies dürfte keinesfalls im Interesse ihrer verehrten Majestät Queen Meghan liegen.
Großherzog Peter bittet Queen Meghan und die Mitglieder ihrer Regierung daher inständig, eine Bestandsgarantie für das unabhängige Indien und ggf. den militärischen Schutz dieser Unabhängigkeit in Erwägung zu ziehen.
Desweiteren bittet Großherzog Peter, den Inhalt dieses Schreibens vertraulich zu behandeln."
Ein paar historische Anmerkungen:
(1) Vor dem 1. Weltkrieg gab es tatsächlich russische Pläne, den Bosporus vom osmanischen Reich, dem "kranken Mann am Bosporus", zu erobern und somit durch das Schwarze Meer einen Zugang zum Mittelmeer zu erlangen.
1912 griff ein Bündnis aus Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro das osmanische Reich an. Insbesondere Bulgarien konnte mit seinen Truppen bis auf ca. 60 km auf Istanbul - das damals noch Konstantinopel hieß - heranrücken, die Eroberung Konstantinopels schien greifbar.
Rußland, welches zuvor das Bündnis gefördert hatte, erwog nun tatsächlich, dem osmanischen Reich militärisch zur Hilfe zu kommen - so sehr sah Rußland durch die Erfolge des verbündeten Bulgarien seine eigenen Interessen gefährdet.
In der Folge wandte sich Rußland von Bulgarien als dem bis dahin wichtigsten Bündnispartner auf dem Balkan ab und Serbien zu. Serbien genoß ab da die bedingungslose Unterstützung Rußlands, auch nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo. Dies trug dazu bei, daß in der Folge der 1. Weltkrieg entbrannte.
1913 kam es zum Krieg zwischen Bulgarien auf der einen Seite und Griechenland, Serbien und Rumänien auf der anderen Seite um die Verteilung der eroberten Gebiete. Das militärisch unterlegene Bulgarien mußte fast alle im ersten Balkankrieg eroberten Gebiete wieder abtreten.
Dies führte dazu, daß Bulgarien auf der Seite Deutschlands und Österreichs in den 1. Weltkrieg eintrat, in der Hoffnung, diese Gebietsabtretungen rückgängig machen zu können - während Rußland den Krieg begrüßte in der Hoffnung, seine Pläne zur Eroberung des Bosporus verwirklichen zu können.
(2) Auch solche Pläne gab es im Rußland des 19. Jahrhunderts! Die Interessen des Zarenreiches und des britischen Empire stießen in Afghanistan aufeinander. Um ein russisches Vordringen zum indischen Ozean zu verhindern, versuchte Großbritannien im ersten anglo-afghanischen Krieg 1839-42 letztlich erfolglos, Afghanistan zu besetzen.
Dies gelang erst im zweiten anglo-afghanischen Krieg 1878-80. Afghanistan mußte hinnehmen, daß seine Außenpolitik durch das britische Empire kontrolliert wurde.
m seine indischen Kolonien vor den ständigen Aufständen in Afghanistan sichern zu können, schuf Großbritannien 1893 die Durand-Linie als Grenze zwischen Afghanistan und Indien (heute die Grenze zwischen Afhanistan und Pakistan), wodurch Afghanistan ca. 1/3 seines Terretoriums - Stammesgebiete der Paschtunen - verlor. Großbritannien konnte auf Dauer die Kosten der Besetzung Afghanistans nicht tragen und zog seine Truppen deswegen hinter diese Linie zurück.[/size]
Der Hauptgrund Großbritanniens, auf der Seite von Frankreich und Rußland in den 1. Weltkrieg einzutreten, war tatsächlich, daß man Rußland nicht zu einem Vorstoß durch Afghanistan in die indischen Kolonien hinein ermutigen wollte!
Afghanistan konnte erst im dritten anglo-afghanischen Krieg 1919 seine Unabhängigkeit von Großbritannien erringen.
Der Konflikt um die Vorherrschaft in Zentralasien wird als "The Great Game" bezeichnet - siehe Wikipedia. Rudyard Kiplings Roman "Kim" spielt vor diesem Hintergrund.
Graf von Abel beehrt sich, dem verehrten Baron Cohen folgende geheime Denkschrift zu übersenden:
"Im Großherzgtum ist man besorgt über das Gleichgewicht der Kräfte.
Der Zugang zu Seehandelswegen stellt für das russische Reich eine essentielle Frage dar.
Zum Glück konnte verhindert werden, daß das Baltikum mit den Ostseehäfen aus dem russischen Reich herausgetrennt und der projektierten Krakauer Union zugeschlagen werden. Dies hätte bedeutet, daß sich das russische Reich neue Zugänge zu den Seehandelswegen hätte suchen müssen. Dies hätte entweder durch einen Feldzug gegen das osmanische Reich mit dem Ziel der Eroberung des Bosporus (1) geschehen können, oder aber durch den Versuch des Vorstoßes durch den indischen Subkontinent zum Indischen Ozean.
Dies hätte ein Versiegen der Handelsströme aus dem russischen Reich durch das Baltische Meer u. a. zum Mutterland des Empire bedeutet.
Da die Häfen des Baltikums in russischer Hand bleiben, scheint zumindestens die Gefahr eines Krieges um den Bosporus vorerst gebannt. Da aber Ihre verehrte Majestät Queen Meghan geruht haben, Indien in die Unabhängigkeit zu entlassen, ist hier möglicherweise ein Machtvakuum entstanden, welches das russische Reich dazu veranlassen könnte, den Vorstoß durch Indien zu den Küsten des Indischen Ozeans zu wagen. (2)
Würde der indische Subkontinent somit Teil des russischen Reiches, so würde dies zu einem gewaltigen Machtzuwachs Rußlands und somit zu einer empfindlichen Verschiebung des Gleichgewichts der Kräfte führen. Dies dürfte keinesfalls im Interesse ihrer verehrten Majestät Queen Meghan liegen.
Großherzog Peter bittet Queen Meghan und die Mitglieder ihrer Regierung daher inständig, eine Bestandsgarantie für das unabhängige Indien und ggf. den militärischen Schutz dieser Unabhängigkeit in Erwägung zu ziehen.
Desweiteren bittet Großherzog Peter, den Inhalt dieses Schreibens vertraulich zu behandeln."
Ein paar historische Anmerkungen:
(1) Vor dem 1. Weltkrieg gab es tatsächlich russische Pläne, den Bosporus vom osmanischen Reich, dem "kranken Mann am Bosporus", zu erobern und somit durch das Schwarze Meer einen Zugang zum Mittelmeer zu erlangen.
1912 griff ein Bündnis aus Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro das osmanische Reich an. Insbesondere Bulgarien konnte mit seinen Truppen bis auf ca. 60 km auf Istanbul - das damals noch Konstantinopel hieß - heranrücken, die Eroberung Konstantinopels schien greifbar.
Rußland, welches zuvor das Bündnis gefördert hatte, erwog nun tatsächlich, dem osmanischen Reich militärisch zur Hilfe zu kommen - so sehr sah Rußland durch die Erfolge des verbündeten Bulgarien seine eigenen Interessen gefährdet.
In der Folge wandte sich Rußland von Bulgarien als dem bis dahin wichtigsten Bündnispartner auf dem Balkan ab und Serbien zu. Serbien genoß ab da die bedingungslose Unterstützung Rußlands, auch nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo. Dies trug dazu bei, daß in der Folge der 1. Weltkrieg entbrannte.
1913 kam es zum Krieg zwischen Bulgarien auf der einen Seite und Griechenland, Serbien und Rumänien auf der anderen Seite um die Verteilung der eroberten Gebiete. Das militärisch unterlegene Bulgarien mußte fast alle im ersten Balkankrieg eroberten Gebiete wieder abtreten.
Dies führte dazu, daß Bulgarien auf der Seite Deutschlands und Österreichs in den 1. Weltkrieg eintrat, in der Hoffnung, diese Gebietsabtretungen rückgängig machen zu können - während Rußland den Krieg begrüßte in der Hoffnung, seine Pläne zur Eroberung des Bosporus verwirklichen zu können.
(2) Auch solche Pläne gab es im Rußland des 19. Jahrhunderts! Die Interessen des Zarenreiches und des britischen Empire stießen in Afghanistan aufeinander. Um ein russisches Vordringen zum indischen Ozean zu verhindern, versuchte Großbritannien im ersten anglo-afghanischen Krieg 1839-42 letztlich erfolglos, Afghanistan zu besetzen.
Dies gelang erst im zweiten anglo-afghanischen Krieg 1878-80. Afghanistan mußte hinnehmen, daß seine Außenpolitik durch das britische Empire kontrolliert wurde.
m seine indischen Kolonien vor den ständigen Aufständen in Afghanistan sichern zu können, schuf Großbritannien 1893 die Durand-Linie als Grenze zwischen Afghanistan und Indien (heute die Grenze zwischen Afhanistan und Pakistan), wodurch Afghanistan ca. 1/3 seines Terretoriums - Stammesgebiete der Paschtunen - verlor. Großbritannien konnte auf Dauer die Kosten der Besetzung Afghanistans nicht tragen und zog seine Truppen deswegen hinter diese Linie zurück.[/size]
Der Hauptgrund Großbritanniens, auf der Seite von Frankreich und Rußland in den 1. Weltkrieg einzutreten, war tatsächlich, daß man Rußland nicht zu einem Vorstoß durch Afghanistan in die indischen Kolonien hinein ermutigen wollte!
Afghanistan konnte erst im dritten anglo-afghanischen Krieg 1919 seine Unabhängigkeit von Großbritannien erringen.
Der Konflikt um die Vorherrschaft in Zentralasien wird als "The Great Game" bezeichnet - siehe Wikipedia. Rudyard Kiplings Roman "Kim" spielt vor diesem Hintergrund.