18.11.2021, 12:24
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.11.2021, 12:31 von Fredeswind.)
Do köhm doorna Marleenken to erer Moder in de Kääk, de stünn by dem Führ un hadd enen Putt mit heet Water vör sik, den röhrd se jümmer üm. „Moder“, säd Marleenken, „Broder sitt vör de Döhr un süht ganz witt uut un hett enen Appel in de Hand, ik heb em beden, he schull my den Appel gewen, awerst he antwöörd my nich, do wurr my ganß grolich.“
Darnach kam Marlenchen zu ihrer Mutter in die Küche. Die stand beim Feuer und hatte einen Topf mit heißem Wasser vor sich, den rührte sie immer um. „Mutter“, sagte Marlenchen, „der Bruder sitzt vor der Türe und sieht ganz weiß aus und hat einen Apfel in der Hand. Ich hab ihn gebeten, er soll mir den Apfel geben, aber er antwortet mir nicht; das war mir ganz unheimlich.“
„Gah nochmaal hen“, säd de Moder, „un wenn he dy nich antworden will, so gif em eens an de Oren.“ Da güng Marleenken hen und säd: „Broder, gif my den Appel!“ Awerst he sweeg still. do gaf se em eens up de Oren, do feel de Kopp herünn.
„Geh noch einmal hin“, sagte die Mutter, „und wenn er dir nicht antwortet, dann gib ihm eins hinter die Ohren.“ Da ging Marlenchen hin und sagte: „Bruder, gib mir den Apfel!“ Aber er schwieg still; da gab sie ihm eins hinter die Ohren. Da fiel der Kopf herunter.
Doräwer vörschrock se sik un füng an to wenen un to roren, un löp to erer Moder un säd: „Ach, Moder, ik hebb mynen Broder den Kopp afslagen“, un weend un weend un wull sik nich tofreden gewen. „Marleenken“, säd de Moder, „wat hest du dahn! Awerst swyg man still, dat et keen Mensch markt, dat is nu doch nich to ännern; wy willen em in Suhr kaken“
Darüber erschrak sie und fing an zu weinen und zu schreien und lief zu ihrer Mutter und sagte: „Ach, Mutter, ich hab meinem Bruder den Kopf abgeschlagen“, und weinte und weinte und wollte sich nicht zufrieden geben. „Marlenchen“, sagte die Mutter, „was hast du getan! Aber schweig nur still, dass es kein Mensch merkt; das ist nun doch nicht zu ändern, wir wollen ihn in Sauersud kochen.“
Da nöhm de Moder den lüttjen Jung un hackd em in Stücken, ded de in den Putt un kaakd em in Suhr. Marleenken awerst stünn daarby un weend un weend, un de Tranen füllen all in den Put, un se bruukden gorr keen Solt.
Da nahm die Mutter den kleinen Jungen und hackte ihn in Stücke, tat sie in den Topf und kochte ihn in Sauersud. Marlenchen aber stand dabei und weinte und weinte, und die Tränen fielen alle in den Topf, und sie brauchten kein Salz.
Da köhm de Vader to Huus un säd : „Wo is denn myn Sähn?“ Da droog de Moder een grooten Pott up mit Swartsuhr, un Marleenken weend un kunn sich nich hollen. Do säd de Vader wedder: „wo is denn myn Sähn?“ „Ach“, säd de Moder, „he is äwer Land gaan, na Mütten erer Grootöhm: he wull door wat blywen.“
Da kam der Vater nach Hause und und sagte: „Wo ist denn mein Sohn?“ Da trug die Mutter einen großneTopf mit Schwarzsauer auf, und Marlenchen weinte und konnte sich nicht halten. Da sagte der Vater wieder: „Wo ist denn mein Sohn?“ „Ach“, sagte die Mutter, „er ist über Land gegangen, zu den Verwandten seiner Mutter; er wollte dort eine Weile bleiben.“
Da nahm die Mutter den kleinen Jungen und hackte ihn in Stücke, tat sie in den Topf und kochte ihn in Sauersud. Marlenchen aber stand dabei und weinte und weinte, und die Tränen fielen alle in den Topf, und sie brauchten kein Salz.
Da köhm de Vader to Huus un säd : „Wo is denn myn Sähn?“ Da droog de Moder een grooten Pott up mit Swartsuhr, un Marleenken weend un kunn sich nich hollen. Do säd de Vader wedder: „wo is denn myn Sähn?“ „Ach“, säd de Moder, „he is äwer Land gaan, na Mütten erer Grootöhm: he wull door wat blywen.“
Da kam der Vater nach Hause und und sagte: „Wo ist denn mein Sohn?“ Da trug die Mutter einen großneTopf mit Schwarzsauer auf, und Marlenchen weinte und konnte sich nicht halten. Da sagte der Vater wieder: „Wo ist denn mein Sohn?“ „Ach“, sagte die Mutter, „er ist über Land gegangen, zu den Verwandten seiner Mutter; er wollte dort eine Weile bleiben.“
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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