22.11.2021, 10:27
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.11.2021, 10:38 von Fredeswind.)
Do güng de Vagel up enen Lindenboom sitten, de vör de Mähl stünn, un süng:
„Min Moder, de mi slacht't,min Vader, de mi att,“ -
do höörd een up,
„min Swester, de Marleenken, söcht alle mine Beenken,
bind't se in een syden Dook“, -
„min Swester, de Marleenken, söcht alle mine Beenken,
bind't se in een syden Dook“, -
do höörde noch een up un höörden dat, nu hackden nur noch eener
„legts ünner den Machandelboom.
Kywitt, kywitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!“
„legts ünner den Machandelboom.
Kywitt, kywitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!“
Da setzte sich der Vogel auf einen Lindenbaum, der vor der Mühle stand und sang:
„Mein Mutter die mich schlacht, mein Vater der mich aß",
- da hörte einer auf,
„meine Schwester das Marlenichen
sucht alle meine Benichen, bindt sie in ein seiden Tuch", - da hörte noch einer auf und hörte das, nun hackte nur noch einer;
„legt's unter den Wacholderbusch.
Kiwitt, kiwitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!"
Da hüll de lezte ook up, und hadd dat lezte noch höörd. „Vagel,“, secht he, „wat singst du schöön! Laat my dat ook hören, sing my dat nochmaal.“ „Ne“, secht de Vagel, „twemaal sing ik nich umsünst, gif my den Mählensteen, so will ik dat nochmaal singen.“
Da hörte der letzte auch auf, und hatte das letzte noch gehört. „Vogel“, sagte er, „was singst du schön! Lass mich das auch hören, sing mir das noch einmal!“ „Nein“, sagte der Vogel, „zweimal sing ich nicht umsonst, gib mir den Mühlenstein, so will ich das noch einmal singen.“
„Ja“, secht he, „wenn he my alleen tohöörd, so schullst du em hebben.“ „Ja“, säden de annern, „wenn he nochmaal singt, so schall he em hebben.“
„Ja“, sagte er, „wenn er mir allein gehörte, so solltest du ihn haben.“ „Ja“, sagten die anderen, „wenn er noch einmal singt, so soll er ihn haben.“
Do köhm de Vagel herünn, un de Möllers faat'n all an un höbben den Steen up: “Hu uh uhp, hu uh uhp, hu uh uhp!“
Da kam der Vogel heran und die Müller fassten alle an und hoben den Stein auf: „Hu uh uhp, hu uh uhp, hu uh uhp!“
Da stöök de Vagel den Hals döör dat Lock un nöhm em üm as enen Kragen, un flöög wedder up den Boom un süng:
„Min Moder, de mi slacht't,
„Min Moder, de mi slacht't,
min Vader, de mi att,
min Swester, de Marleenken,
söcht alle mine Beenken,
bind't se in een syden Dook,
legts ünner den Machandelboom.
Kywitt, kywitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!“
min Swester, de Marleenken,
söcht alle mine Beenken,
bind't se in een syden Dook,
legts ünner den Machandelboom.
Kywitt, kywitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!“
Da steckte der Vogel den Hals durch das Loch und nahm ihn um wie einen Kragen und flog wieder auf den Baum und sang:
„Mein Mutter die mich schlacht,
mein Vater der mich aß,
mein Schwester das Marlenichen
sucht alle meine Benichen,
bindt sie in ein seiden Tuch,
legt's unter den Wacholderbusch.
Kiwitt, kiwitt, was für'n schöner Vogel bin ich!“
„Mein Mutter die mich schlacht,
mein Vater der mich aß,
mein Schwester das Marlenichen
sucht alle meine Benichen,
bindt sie in ein seiden Tuch,
legt's unter den Wacholderbusch.
Kiwitt, kiwitt, was für'n schöner Vogel bin ich!“
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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