17.10.2018, 09:38
Denn hebe se emene Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore, und er sött der Vogelgrif froge wo der Schlüssel seig. Denn seig eme andere Schloß e Tochter chrank, und er söt wüße was die Tochter chönt gsund mache; denn seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, de d' Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse worum de Ma all Lüt müeß übere träge.
Dann haben sie in einem Schloss den Schlüssel zu einer Geldkiste verloren, und er solle den Vogel Greif fragen, wo der Schlüssel sei. Dann sei in einem andern Schloss die Tochter krank und er sollte wissen, was die Tochter könnte gesund machen; dann sei nicht weit von da ein Wasser und ein Mann dabei, der die Leute hinübertragen müsste, und er möchte auch gern wissen, warum dieser Mann alle Leute müsste hinübertragen.
Do säit die Frau: „Ja lueget, mi guete Fründ, s' cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber wänd, so chön neder under sis Bett undere ligge, und z' Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chönneder denn use länge und em e Fädere usem Stehl riße; und wäge dene Sache, die ner wüße söttet, will i ne sälber froge.
Da sagte die Frau: „Ja schaut, mein guter Freund, es kann kein Christ mit dem Vogel Greif reden, er frisst sie alle; wenn Ihr aber wollt, so könnt Ihr nieder unter sein Bett drunter legen, und zur Nacht, wenn er recht fest schläft, so könnt Ihr dann herauslangen und ihm eine Feder aus dem Schwanz reißen; und wegen dene Sachen, die Ihr wissen solltet, will ich ihn selber fragen.“
Dann haben sie in einem Schloss den Schlüssel zu einer Geldkiste verloren, und er solle den Vogel Greif fragen, wo der Schlüssel sei. Dann sei in einem andern Schloss die Tochter krank und er sollte wissen, was die Tochter könnte gesund machen; dann sei nicht weit von da ein Wasser und ein Mann dabei, der die Leute hinübertragen müsste, und er möchte auch gern wissen, warum dieser Mann alle Leute müsste hinübertragen.
Do säit die Frau: „Ja lueget, mi guete Fründ, s' cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber wänd, so chön neder under sis Bett undere ligge, und z' Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chönneder denn use länge und em e Fädere usem Stehl riße; und wäge dene Sache, die ner wüße söttet, will i ne sälber froge.
Da sagte die Frau: „Ja schaut, mein guter Freund, es kann kein Christ mit dem Vogel Greif reden, er frisst sie alle; wenn Ihr aber wollt, so könnt Ihr nieder unter sein Bett drunter legen, und zur Nacht, wenn er recht fest schläft, so könnt Ihr dann herauslangen und ihm eine Feder aus dem Schwanz reißen; und wegen dene Sachen, die Ihr wissen solltet, will ich ihn selber fragen.“
Der Hans isch e das alles z' friede gsi und lit unders Bett undere. Z' Obe chunt der Vogelgrif häi, und wiener i d' Stube chunt, so säit er 'Frau, i schmöke ne Christ.' 'Jo,' säit do d' Frau, 's' isch hüt äine do gsi, aber er isch wieder furt;' und mit dem het der Vogelgrif nüt me gsäit.
Der Hans ist das alles zufrieden gewesen und legte sich unters Bett drunter. Zu Abend kam der Vogel Greif heim und wie er in die Stube kam, so sagte er: „Frau, ich schmecke eonen Christ.“ „Ja“, sagte da die Frau, „'s ist heut' einer da gewesen, aber er ist wieder fort.“, und damit hat der Vogel Greif nichts mehr gesagt.
Z' mitzt e der Nacht, wo der Vogelgrif rächt geschnarchlet het, so längt der Hans ufe und rißt em e Fädere usem Stehl. Do isch der Vogelgrif plötzle ufgjuckt und säit: „Frau, i schmöcke ne Christ, und s' isch mer s' heb me öpper am Stehl zehrt.“
Zur Mitte der Nacht, wo der Vogel Greif recht geschnarcht hat, langte Hans hinauf und riss ihm eine Feder aus dem Schwanz. Da ist der Vogel Greif plötzlich aufgesprungen und sagte: „Frau, ich schmecke einen Christ, und es ist mir, als habe mich jemand am Schwanz gezerrt.“
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)