18.12.2018, 00:03
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.12.2018, 00:29 von Fredeswind.)
Als die Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten,sah ich auch den Nickerl, das achtjährige Brüderlein. Es war das jüngste und letzte. Es stand in seinem blädernden Höslein, gerade wie ein Bäumlein da und hatte natürlich den Finger im Mund. Seine schwarzen Augen waren weit offen und ganz rund, so verwundert schaute er mich an.
Der, um den er schon ‚gröhrt‘ hatte, war jetzt da und die Vertraulichkeit stellte sich erst allmählich ein. Selbst als ich ihn zum Kaffee einlud, war es noch nicht so weit, dass er den Finger für das Stück Guglhupf vertauschen wollte. „Ausschaun tust gut!“, lobte die Mutter meine vom Gestöber geröteten Wangen.
Sie hatte ihr Gesicht, das nicht gut und nicht schlecht ausschaute – das alte, kummervolle und doch frohgemute Mutterantlitz. Ich schaute dieses Gesicht nie lange an, immer nur verstohlen – es war immer eine Schämigkeit da, bei ihr auch so, wie bei zwei heimlichen Liebsten. Zärtlich bin ich mit ihr nie gewesen, wohl auch nie grob – und diesmal bei der Heimkehr haben wir uns nur die Hände gegeben.
Aber wohl war mir! Wohl zum Jauchzen und Weinen. Ich tat keines, ich blieb ganz ruhig und redete gleichgültige Dinge. Der kleine Nickerl sah blass aus. „Du hast ja die Stadtfarb, statt meiner!“, sagte ich, und habe gelacht. Die Sache war so. Der Kleine tat husten, den halben Winter schon.
Und da war eine alte Hausmagd, die sagte es – ich wusste das schon von früher – täglich wenigstens dreimal, dass für ein ‚hustendes Leut‘ nichts schlechter sei, als ‚der kalte Luft‘. Sie verbot es, dass der Kleine hinaus vor die Tür ging, sie hielt immer die Fenster geschlossen, ja auch die Tür durfte nur so weit und so kurz ausgehen, wie eben noch ein Mensch rasch aus- oder einschlüpfen kann.
Der, um den er schon ‚gröhrt‘ hatte, war jetzt da und die Vertraulichkeit stellte sich erst allmählich ein. Selbst als ich ihn zum Kaffee einlud, war es noch nicht so weit, dass er den Finger für das Stück Guglhupf vertauschen wollte. „Ausschaun tust gut!“, lobte die Mutter meine vom Gestöber geröteten Wangen.
Sie hatte ihr Gesicht, das nicht gut und nicht schlecht ausschaute – das alte, kummervolle und doch frohgemute Mutterantlitz. Ich schaute dieses Gesicht nie lange an, immer nur verstohlen – es war immer eine Schämigkeit da, bei ihr auch so, wie bei zwei heimlichen Liebsten. Zärtlich bin ich mit ihr nie gewesen, wohl auch nie grob – und diesmal bei der Heimkehr haben wir uns nur die Hände gegeben.
Aber wohl war mir! Wohl zum Jauchzen und Weinen. Ich tat keines, ich blieb ganz ruhig und redete gleichgültige Dinge. Der kleine Nickerl sah blass aus. „Du hast ja die Stadtfarb, statt meiner!“, sagte ich, und habe gelacht. Die Sache war so. Der Kleine tat husten, den halben Winter schon.
Und da war eine alte Hausmagd, die sagte es – ich wusste das schon von früher – täglich wenigstens dreimal, dass für ein ‚hustendes Leut‘ nichts schlechter sei, als ‚der kalte Luft‘. Sie verbot es, dass der Kleine hinaus vor die Tür ging, sie hielt immer die Fenster geschlossen, ja auch die Tür durfte nur so weit und so kurz ausgehen, wie eben noch ein Mensch rasch aus- oder einschlüpfen kann.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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