11.10.2019, 10:21
3. DER LETZTE ABEND
So kam der letzte Abend heran. Er hatte eine besonders festliche Erscheinung. Bei Verteilung meiner Wirtschaftsgegenstände hatte sich nämlich ein ungeahnter Reichtum an Stearinlichtern ergeben, und da Rasumofsky, dem natürlich alles zufiel, hochherzig erklärte, zugunsten einer Illumination auf diesen Erbteil verzichten zu wollen, so hatte sich unter Heranschleppung aller möglichen Blaker und Leuchter, die überhaupt aufzutreiben waren, eine feenhafte Beleuchtung bei mir vorbereitet.
Licht gibt Heiterkeit… Ich setzte mich an den Schreibtisch, um ein paar Abschiedsbriefe zu kuvertieren und sprang immer wieder auf, um in meiner Lichterallee spazieren zu gehen. Ich bin ein schlechter Sänger und Pfeifer, aber ich glaube ich versuchte mich als beides. Meine gute Laune hatte noch einen besonderen Grund.
Es war nämlich unmöglich, auf Rasumofsky zu blicken, ohne von jenem Empfindungskontrast berührt zu werden, der vielleicht die Wurzel allen Humors ist. Von den drei Kardinaleigenschaften meines Burschen, um derentwillen ich ihn überhaupt engagiert hatte, hatte ich bisher nur zwei kennengelernt, den Polen und den schwarzen Husaren.
Heute, zum Abschied, hatte er, mir zur Liebe, auch die dritte seine Qualitäten hervorgesucht: den Schneider. Das rechte Bein über dem linken Knie, so saß er da, von Lichtern umstrahlt, vom Kaminfeuer beschienen, und nähte mir aus blauem Futterkram, einen Reisesack. Er tat es gern, weil er das Bedürfnis hatte, mir seine Liebe zu bezeigen; aber es war ein Opfer, das er mir brachte…
So kam der letzte Abend heran. Er hatte eine besonders festliche Erscheinung. Bei Verteilung meiner Wirtschaftsgegenstände hatte sich nämlich ein ungeahnter Reichtum an Stearinlichtern ergeben, und da Rasumofsky, dem natürlich alles zufiel, hochherzig erklärte, zugunsten einer Illumination auf diesen Erbteil verzichten zu wollen, so hatte sich unter Heranschleppung aller möglichen Blaker und Leuchter, die überhaupt aufzutreiben waren, eine feenhafte Beleuchtung bei mir vorbereitet.
Licht gibt Heiterkeit… Ich setzte mich an den Schreibtisch, um ein paar Abschiedsbriefe zu kuvertieren und sprang immer wieder auf, um in meiner Lichterallee spazieren zu gehen. Ich bin ein schlechter Sänger und Pfeifer, aber ich glaube ich versuchte mich als beides. Meine gute Laune hatte noch einen besonderen Grund.
Es war nämlich unmöglich, auf Rasumofsky zu blicken, ohne von jenem Empfindungskontrast berührt zu werden, der vielleicht die Wurzel allen Humors ist. Von den drei Kardinaleigenschaften meines Burschen, um derentwillen ich ihn überhaupt engagiert hatte, hatte ich bisher nur zwei kennengelernt, den Polen und den schwarzen Husaren.
Heute, zum Abschied, hatte er, mir zur Liebe, auch die dritte seine Qualitäten hervorgesucht: den Schneider. Das rechte Bein über dem linken Knie, so saß er da, von Lichtern umstrahlt, vom Kaminfeuer beschienen, und nähte mir aus blauem Futterkram, einen Reisesack. Er tat es gern, weil er das Bedürfnis hatte, mir seine Liebe zu bezeigen; aber es war ein Opfer, das er mir brachte…
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)