13.10.2019, 16:24
5. RÜCKKEHR
Am Ufer hielten Deligenzen und Omnibusse, die bis Marennes und Rochefort gingen; keins dieser großen Gefährte aber hatte Lust, einen einzigen Passagier landeinwärts zu schaffen. Ich nahm also eine Art Postkutsche, nicht billig aber doch immer auch nicht so teuer, wie wenn man in Mark Brandenburg von Buckow bis Werneuchen fährt, und rollte bei immer heller werdendem Wetter, die Hauptstraße von Marennes hindurch in die dahinter gelegene Landschaft hinein.
Ich erkannte all die alten Punkte wieder. Dies war das Wäldchen, wo der Marketender die ‚Wacht am Rhein‘ angestimmt hatte... Und dies endlich war das Dorf und die Auberge, wo in das Gewirr der Stimmen und das Geklapper der Kaffeetassen hinein die Schlagtriller der Kanarienvögel erklungen waren. War jener Tag schön gewesen, so war dieser noch schöner, trotz eines leisen Druckes, den ich nach wie vor auf dem Herzen spürte.
Die französischen Kutscher fahren brillant. Schon um zwei Uhr rasselte die Kutsche über das Vorstadtpflaster von Rochefort. Ich hatte zwei Gänge in Rochefort zu machen, den einen um der Pietät, den andern um der Respektabilität willen. Diesen zweiten Gang machte ich zuerst. Es war nämlich unmöglich, den blauen Kattunsack... als Handgepäck eines permiére – classe – Reisenden bei zu behalten. Ein Tausch also musste sich notwendig vollziehen... Endlich fand ich eine Reiseeffektenhandlung... Ich kaufte eine leidlich elegante Tasche, bat, den Prozess des Umpackens sofort vornehmen zu können und löste diese Aufgabe… mit Geschick und Dezenz...
Mein nächster Gang in Rochefort galt dem Monsieur Vignaud, dem Vorstande des Gefängnisses... Man empfing mich wie einen alten Bekannten, der Direktor habe gerade eben von mir gesprochen.
Dieser war wie gewöhnlich an seinem Pult und las im ‚Moniteur universel‘ den Meinungsaustausch zwischen dem Grafen Bismarck und dem Comte Chaudordy über Gefangenenbehandlung hüben und drüben. Ein sehr zeitgemäßes Thema. Er schob mir das Blatt zur Durchsicht hin; ein kurzes Gespräch knüpfte sich daran.
Ich fragte nach dem Sohn, dessen Zimmer ich bewohnt hatte; er zuckte mit den Achseln – ein Brief war seit Wochen nicht eingetroffen. So schieden wir, ein jeder gut national und doch gute Freunde mitten im Krieg.
Am Ufer hielten Deligenzen und Omnibusse, die bis Marennes und Rochefort gingen; keins dieser großen Gefährte aber hatte Lust, einen einzigen Passagier landeinwärts zu schaffen. Ich nahm also eine Art Postkutsche, nicht billig aber doch immer auch nicht so teuer, wie wenn man in Mark Brandenburg von Buckow bis Werneuchen fährt, und rollte bei immer heller werdendem Wetter, die Hauptstraße von Marennes hindurch in die dahinter gelegene Landschaft hinein.
Ich erkannte all die alten Punkte wieder. Dies war das Wäldchen, wo der Marketender die ‚Wacht am Rhein‘ angestimmt hatte... Und dies endlich war das Dorf und die Auberge, wo in das Gewirr der Stimmen und das Geklapper der Kaffeetassen hinein die Schlagtriller der Kanarienvögel erklungen waren. War jener Tag schön gewesen, so war dieser noch schöner, trotz eines leisen Druckes, den ich nach wie vor auf dem Herzen spürte.
Die französischen Kutscher fahren brillant. Schon um zwei Uhr rasselte die Kutsche über das Vorstadtpflaster von Rochefort. Ich hatte zwei Gänge in Rochefort zu machen, den einen um der Pietät, den andern um der Respektabilität willen. Diesen zweiten Gang machte ich zuerst. Es war nämlich unmöglich, den blauen Kattunsack... als Handgepäck eines permiére – classe – Reisenden bei zu behalten. Ein Tausch also musste sich notwendig vollziehen... Endlich fand ich eine Reiseeffektenhandlung... Ich kaufte eine leidlich elegante Tasche, bat, den Prozess des Umpackens sofort vornehmen zu können und löste diese Aufgabe… mit Geschick und Dezenz...
Mein nächster Gang in Rochefort galt dem Monsieur Vignaud, dem Vorstande des Gefängnisses... Man empfing mich wie einen alten Bekannten, der Direktor habe gerade eben von mir gesprochen.
Dieser war wie gewöhnlich an seinem Pult und las im ‚Moniteur universel‘ den Meinungsaustausch zwischen dem Grafen Bismarck und dem Comte Chaudordy über Gefangenenbehandlung hüben und drüben. Ein sehr zeitgemäßes Thema. Er schob mir das Blatt zur Durchsicht hin; ein kurzes Gespräch knüpfte sich daran.
Ich fragte nach dem Sohn, dessen Zimmer ich bewohnt hatte; er zuckte mit den Achseln – ein Brief war seit Wochen nicht eingetroffen. So schieden wir, ein jeder gut national und doch gute Freunde mitten im Krieg.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)