17.11.2020, 10:09
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.11.2020, 10:58 von Fredeswind.)
Wie sie nun aufstand und ihre Pantoffel anziehen wollte, da war der rechte weg und wie sie ihr Halstuch betrachtete, war es durchschnitten und fehlte der rechte Schlippen, und wie sie ihr Hemd ansah, war ein Stückchen heraus. Der König ließ den ganzen Hof zusammen kommen, Soldaten und alles was da war, und fragte, wer die Riesen hätte ums Leben gebracht.
Nun hatte er einen Hauptmann, der war einäugig und ein hässlicher Mensch, der sagte, er hätte es getan. Da sprach der alte König, so er das vollbracht, sollte er die Prinzessin heiraten. Die Prinzessin aber sagte: „Lieber Vater, dafür, dass ich den heiraten soll, will ich lieber in die Welt gehen, soweit als mich meine Beine tragen.“ Da sprach der König, wenn sie den nicht heiraten wollte, sollte sie die königlichen Kleider ausziehen und Bauernkleider antun und fortgehen.
Und sie sollte zu einem Töpfer gehen und sich einen irden Geschirr-Handel anfangen. Da tät sie ihre königlichen Kleider aus und ging zu einem Töpfer und borgte sich einen Kram irden Werk; versprach ihm auch, wenn sie’s am Abend verkauft hätte, es zu bezahlen. Nun sagte der König, sie sollte sich an eine Ecke damit setzen und es verkaufen, dann bestellte er etliche Bauernwagen, die sollten mitten durchfahren, alles in tausend Stücke ging.
Wie nun die Prinzessin ihren Kram auf die Straße hingestellt hatte, kamen die Wagen und zerbrachen ihn zu lauter Scherben; fing sie an zu weinen und sprach: „Ach Gott! Wie will ich nun den Töpfer bezahlen.“ Der König aber hatte sie damit zwingen wollen, den Hauptmann zu heiraten, statt dessen ging sie wieder zum Töpfer und fragte ihn, ob er ihr noch einmal borgen wollte. Er antwortete nein, sie sollte erst das Vorige bezahlen.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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