09.02.2021, 09:59
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.02.2021, 10:03 von Fredeswind.)
Bald darauf befand sich Andrees mit seiner Wassertracht droben auf dem Weideplatze. Als er in die Nähe des Riesenhügels kam, sah er den Kobold schon von weitem auf einem der Steine am Zwergenloch sitzen. Er strählte sich mit seinen fünf ausgespreizten Fingern den roten Bart; und jedesmal, wenn er die Hand herauszog, löste sich ein Häufchen feuriger Flocken ab und schwebte in dem grellen Sonnenschein über die Felder dahin. „Da bist du zu spät gekommen“, dachte Andrees, heute wirst du nichts erfahren“, und wollte seitwärts, als habe er gar nichts gesehen, nach der Stelle abbiegen, wo noch immer der umgestürzte Zuber lag.
Aber er wurde angerufen. „Ich dachte, du hättst mit mir zu reden!“, hörte er die Quäkstimme des Kobolds hinter sich. Andrees kehrte sich um und trat ein paar Schritte zurück. „Was hätte ich mit Euch zu reden?“, erwiderte er; ich kenne Euch ja nicht.“ „Aber du möchtest den Weg zur Regentrude wissen?“ „Wer hat Euch denn das gesagt?“ „Mein kleiner Finger, und der ist klüger als mancher großer Kerl.“ Andrees nahm all seinen Mut zusammen und trat noch ein paar Schritte näher zu dem Unding an den Hügel hinauf. „Euer kleiner Finger mag schon klug sein“, sagte er, „aber den Weg zur Regentrude wird er doch nicht wissen, denn den wissen auch die allerklügsten Menschen nicht.“
Der Kobold blähte sich wie eine Kröte und fuhr ein paarmal mit seiner Klaue durch den Feuerbart, dass Andrees vor der herausströmenden Glut einen Schritt zurücktaumelte. Plötzlich aber den jungen Bauer mit dem Ausdrucke eines überlegenen Hohns aus seinen bösen kleinen Augen anstarrend, schnarrte er ihn an: „Du bist zu einfältig, Andrees; wenn ich dir auch sagte, dass die Regentrude hinter dem großen Walde wohnt, so würdest du doch nicht wissen, dass hinter dem Walde eine hohle Weide steht.“
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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