27.02.2021, 11:06
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.02.2021, 11:11 von Fredeswind.)
Andrees lachte. „Nun, Maren“, erwiderte er, „dass du sie richtig aufgeweckt hast, das hab' ich hier schon merken können; denn so nass, mein ich, ist der Regen noch nimmer gewesen, und so etwas von Grünwerden hab' ich auch all mein Lebtag noch nicht gesehen! – Aber nun komm! Wir wollen heim, und dein Vater soll uns sein gegebenes Wort einlösen.“ Unten am Weidendamm fanden sie den Nachen und stiegen ein. Das ganze weite Tiefland war schon überflutet.
Auf dem Wasser und in der Luft lebte es von aller Art Gevögel; die schlanken Seeschwalben schossen schreiend über ihnen hin und tauchten die Spitzen ihrer Flügel in die Flut, während die Silbermöwe majestätisch neben ihrem fortschießenden Kahn dahinschwamm; auf dem grünen Inselchen, an denen sie hier und dort vorbeikamen, sahen sie die Bruushähne (Kampfläufer) mit den goldenen Kragen ihre Kampfspiele halten. So glitten sie rasch dahin. Noch immer fiel der Regen, sanft, doch unablässig. Jetzt aber verengte sich das Wasser, und bald war es nur noch ein mäßig breiter Bach.
Andrees hatte schon eine Zeitlang mit der Hand über den Augen in die Ferne geblickt. „Sieh doch, Maren!“, rief er, „ist das nicht meine Roggenkoppel?“ „Freilich, Andrees; und prächtig grün ist sie geworden! Aber siehst du denn nicht, dass es unser Dorfbach ist, auf dem wir fahren?“ „Richtig, Maren; aber was ist denn das dort? Das ist ja alles überflutet!“ „Ach, du lieber Gott!“, rief Maren, „das sind ja meines Vaters Wiesen! Sieh nur, das schöne Heu, es schwimmt ja alles.“ Andrees drückte dem Mädchen die Hand. „Lass nur, Maren!“, sagte er, „der Preis ist, denk ich, nicht zu hoch, und meine Felder tragen ja nun um desto besser.“
Bei der Dorflinde legte der Nachen an. Sie traten ans Ufer, und bald gingen sie Hand in Hand die Straße hinab. Da wurde ihnen von allen Seiten freundlich zugenickt; denn Mutter Stine mochte in ihrer Abwesenheit doch ein wenig geplaudert haben.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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