15.05.2021, 18:01
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.05.2021, 18:05 von Fredeswind.)
Voll Entsetzen und Todesangst eilte die Frau zu ihrer Schwester, und bat sie, geschwind auf die Turmzinne zu steigen, und nach den Brüdern zu spähen, und diesen, sobald sie sie erblicke, ein Notzeichen zu geben, während sie sich auf den Boden warf, und zu Gott um ihr Leben flehte. Und dazwischen rief sie: „Schwester! Siehst du noch niemand?“ „Niemand!“, klang die trostlose Antwort.
Weib! komm herunter!“, schrie Ritter Blaubart, „deine Frist ist aus!“ „Schwester! Siehst du niemand?“, schrie die Zitternde. „Eine Staubwolke - aber ach, es sind Schafe!“, antwortete die Schwester. „Weib! komm herunter, oder ich hole dich!“, schrie Ritter Blaubart. „Erbarmen! Ich komme ja sogleich! Schwester! Siehst du niemand?“
Zwei Ritter kommen zu Ross daher, sie sahen mein Zeichen, sie reiten wie der Wind!“ „Weib! Jetzt hole ich dich!“, donnerte Blaubarts Stimme, und da kam er die Treppe herauf. Aber die Frau gewann Mut, warf ihre Zimmertüre ins Schloss und hielt sie fest, und dabei schrie sie samt ihrer Schwester so laut um Hilfe, wie sie beide nur konnten.
Indessen eilten die Brüder wie der Blitz herbei, stürmten die Treppe hinauf und kamen eben dazu, wie Ritter Blaubart die Türe sprengte und mit gezücktem Schwert in das Zimmer drang. Ein kurzes Gefecht, und Ritter Blaubart lag tot am Boden. Die Frau war erlöst, konnte aber die Folgen ihrer Neugier lange nicht verwinden.
ENDE
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)