23.04.2023, 16:39
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.04.2023, 16:39 von Fredeswind.)
Der zweite Sohn war zu einem Müller gekommen und bei ihm in die Lehre gegangen. Als er seine Jahre herum hatte, sprach der Meister: „Weil du dich so wohl gehalten hast, schenke ich dir einen Esel von einer besonderen Art, er zieht nicht am Wagen und trägt auch keine Säcke.“ „Wozu ist er denn nütze?“, fragte der junge Geselle. „Er speit Gold“, antwortete der Müller, „wenn du sprichst: ,Bricklebrit!' so speit dir das gute Tier Goldstücke aus, hinten und vorn.“ - „Das ist eine schöne Sache.“, sprach der Geselle, dankte dem Meister und zog in die Welt.
Wenn er Gold nötig hatte, brauchte er nur zu seinem Esel ,Bricklebrit!' zu sagen, so regnete es Goldstücke und er hatte weiter keine Mühe, als sie von der Erde aufzuheben. Wo er hinkam, war ihm das Beste gut genug, und je teurer je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel.
Als er sich eine Zeitlang in der Welt umgesehen hatte, dachte er: „Du musst deinen Vater aufsuchen; wenn du mit dem Goldesel kommst, wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.“ Es trug sich zu, dass er in dasselbe Wirtshaus geriet, wo seinem Bruder das Tischchen vertauscht worden war. Er führte seinen Esel an der Hand, und der Wirt wollte ihm das Tier abnehmen und anbinden.
Der junge Geselle aber sprach: „Gebt Euch keine Mühe; meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall und binde ihn auch selbst an, denn ich muss wissen, wo er steht.“ Dem Wirt kam das verwunderlich vor, und er meinte, einer, der seinen Esel selbst besorgen müsste, hätte nicht viel zu verzehren. Als aber der Fremde in die Tasche griff, zwei Goldstücke herausholte und sagte, er sollte nur etwas Gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das Beste, das er auftreiben konnte.
Fredeswind Märchenschatztruhe
Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe
"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"
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