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Fredeswinds Märchenschatztruhe
(06.03.2018, 21:01)Ischade schrieb: Und wieder ein neues Märchen. Ich danke Dir liebe Märchenfee.

Interessant, dass Du die Version von Bechstein nimmst, in der es noch ihre leibliche Mutter ist.

Gern geschehen.

Die Märchenversionen von Grimm sind meist viel bekannter, daher wähle ich gerne auch einmal die Bechstein'sche Version wie auch bei Hans im Glücke oder Aschenbrödel. Die Märchen sind sich ganz ähnlich mit kleinen Unterschieden.

LG von der Märchenfee Fredeswind  fee
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Wie die Mutter die Tür öffnete, erschrak sie ordentlich, als sie die Kinder sah, wusste nicht, ob sie schelten oder sich freuen sollte. Der Vater aber freute sich und so wurden die Kinder wieder mit Gottwillkommen ins Häuslein eingelassen.

   



Es währte nicht lang, so wurde die Sorge auf's neue laut und der Beschluss die Kinder in den Wald zu führen wiederholte sich.Wieder hörten die Kinder das traurige Gespräch mit an und Hänsel machte sich vom Lager auf, wollte wieder blanke Steine suchen. Die Türe war aber fest verschlossen, denn die Mutter hatte es gemerkt und darum die Türe zugemacht. 

   



Nun geschah alles wie zuvor; ein großes Feuer wurde entzündet, die Kinder mussten wieder schlafen, und wie sie aufwachten, waren sie allein und die Eltern kamen nimmer wieder. Und der Mittag kam und Gretel teilte ihr Stückchen Brot mit Hänsel, weil er seines verstreut hatte. Dann schliefen sie wieder ein und erwachten abends verlassen und einsam. Gretel weinte, Hänsel aber war gottgetrost, meinte den Weg wieder zu finden, wartete, bis der Mond aufgegangen war, nahm Gretel an die Hand und sprach: „Komm, nun gehen wir heim.“  Doch Hänsel tröstete abermals das weinende Schwesterlein: „Weine nicht, der liebe Gott weiß alle Wege und wird uns schon den rechten führen.“ Am frühen Morgen erhielten die Kinder wieder ein Brot, aber noch kleiner als zuvor. Der Weg ging noch tiefer in den Wald hinein. Hänslein aber zerbröckelte heimlich sein Brot und streute die Krümlein auf den Weg, meinte, danach würden sie wohl zurückfinden.

   


Aber wie Hänsel die Krümlein suchte , war keines mehr da, denn die Waldvöglein hatten alles aufgepickt. Und da wanderten die Kinder die ganze Nacht durch den Wald, kamen vom Wege ab und verirrten sich. Endlich schliefen sie ein auf weichem Moos und erwachten hungrig, wie der Morgen graute.


   
Fredeswind Märchenschatztruhe

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Sie mussten ihren Durst und Hunger nur mit den schönen Waldbeeren stillen, die da und dort noch standen. Und wie sie so herumirrten, da kam ein schneeweißes Vöglein, das flog immer vor ihnen her, als wollte es ihnen den Weg zeigen, und sie gingen dem Vöglein nach.

   



Mit einem Male sahen sie ein kleines Häuschen, auf dessen Dach das Vöglein flog und pickte darauf. Wie die Kinder ganz nahe dran waren, konnten sie sich nicht genug freuen, denn das Häuschen bestand aus Gebackenem, davon waren die Wände, das Dach, die Fenster waren von durchsichtigen Kandiszuckertafeln.

   



Das war den Kindern recht, sie aßen vom Häusleindach und von einer zerbrochenen Fensterscheibe. Da ließ sich drinnen plötzlich eine Stimme vernehmen:

Knusper, knusper kneischen!
Wer knuspert mir am Häuschen?“
Darauf antworteten die Kinder:
Der Wind, der Wind,
Das himmlische Kind!“

und aßen weiter, denn sie waren hungrig und es schmeckte ihnen vortrefflich.

   



Da ging die Tür des Häusleins auf und trat ein steinaltes, hässliches, krummgebücktes Mütterlein heraus, Gesicht und Stirne voll Runzeln und eine große, große Nase. Die Kinder erschraken nicht wenig, die Alte tat aber ganz freundlicn und sprach: „Ei, traute Kindlein, kommt doch herein. Da gibt es noch viel bessern Kuchen!“

   
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Die Kinder folgten der Alten gerne und drinnen trug die Alte auf, dass es eine Lust war. Da gab es, Herz, was magst du: Bisquit, Marzipan, Zucker, Milch, Obst und Nüsse und köstlichen Kuchen.

   



Und während die Kinder fröhlich aßen, richtete die Alte Bettchen von feinen Dunenkissen und Linnen, da hinein brachte sie die Kinder zur Ruhe, die meinten im Himmel zu sein, beteten einen frommen Abendsegen und schliefen alsbald ein.

   



Die Alte aber war eine böse und garstige Hexe, welche die Kinder durch ihr Kuchenhäuslein anlockte, sie erst recht fett fütterte und dann fraß. Das hatte sie auch mit Hänsel und Gretel im Sinne. In aller Frühe stand die Alte schon vor dem Bette der noch schlafenden Kinder, freute sich über ihren Fang, riss Hänsel aus dem Bette und trug ihn nach dem eng vergitterten Gänsestall.

   



Dann weckte sie die arme Gretel mit Heftigkeit und schrie sie mit rauher Stimme an: „Faule Dirne! Dein Bruder steckt im Stall, wir müssen ihm gutes Essen kochen, dass er fett wird und für mich einen guten Braten gibt!“

   
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Gretel erschrak zum Tode, weinte und schrie, half aber nichts, sie musste gehorchen, Essen kochen helfen und durfte es selbst nach dem Stalle tragen und mit ihrem eingesperrten Bruder weinen. Sie selbst ward von der Hexe gar gering gehalten.

   



Das dauerte so eine Zeit, während welcher die Alte öfters nach dem Stalle schlich und Hänsel befahl, einen Finger durch das Gitter zu stecken, damit sie fühle, ob er fett würde. Hänsel aber steckte immer ein dürres Knöchelchen heraus und sie verwunderte sich, dass der Junge, trotz des guten Essens, so mager blieb.

   



Endlich war sie das müde und sprach: „Kurz und gut, heute wird er gebraten“, und machte ein mächtiges Feuer im Backofen neben dem Häuschen, da schob sie Brot hinein, damit sie frischgebackenes zum Braten habe.

   



Gretel wusste sich keinen Rat und endlich hieß ihm die alte Hexe sich auf die Schiebeschaufel zu setzen und in den Backofen zu lugen, die Alte wollte sie nur ein bissel in den Ofen schieben, damit die Gretel sehe, ob das Brot braun sei, eigentlich aber wollte sie das Mägdelein gleich zuerst darin braten.

   
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Da kam aber das schneeweiße Vögelein und sang: „Hüt dich, hüt dich, sieh dich für!“ Und da gingen der Gretel die Augen auf, dass sie der Alten böse List durchschaute und sagte: „Zeiget mir's zuvor, wie ich's machen muss.“ Gleich setzte sich die Alte auf das Ofenbrett, die Gretel schob am Stiel und schob sie so weit in den Backofen, als der Stiel lang war, dann klapp , schlug sie das eiserne Türlein vor dem Ofen zu und schob den Riegel davor. Da der Ofen so heiß war, musste die alte Hexe drinnen brickeln und braten und elendiglich umkommen zum Lohn ihrer Übeltaten.

   



Gretel aber lief zum Hänsel, ließ den aus dem Gänsestall, der kam heraus und fiel vor Freude dem treuen Schwesterchen um den Hals, küssten sich und weinten vor Freude und dankten Gott.

   



Da war das weiße Vöglein da und auch viele andere Waldvöglein. Die brachten jeder ein buntes Steinchen oder eine Perle und trugen sie hin zu den Kindern. Gretel hielt sein Schürzchen auf, dass es alle die vielen Steinchen fasse. Das schneeweiße Vöglein sang:

Perlen und Edelstein,
Für die Brotbröselein.“

   



Da merkten die Kinder, dass die Vöglein dankbar dafür waren, dass Hänsel Brotkrumen auf den Weg gestreut hatte.
Nun flog das weiße Vöglein wieder vor ihnen her, dass es ihnen den Weg aus dem Wald zeige.

   
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Bald kamen sie an ein Wasser, da standen sie ratlos und konnten nicht darüber. Plötzlich kam ein großer schöner Schwan geschwommen, dem riefen die Kinder zu:

O schöner Schwan,
sei unser Kahn!“

Und der Schwan neigte seinen Kopf und ruderte zum Ufer.

   



Er trug die Kinder, eines nach dem anderen, hinüber ans andere Ufer. Das weiße Vöglein aber war schon hinüber geflattert und flog immer vor den Kindern her, bis sie endlich aus dem Walde kamen, wieder an der Eltern kleines Haus.

   



Der alte Holzhauer und seine Frau saßen traurig und still im Stüblein und hatten großen Kummer um die Kinder, bereueten auch viele tausendmal, dass sie dieselben fortgelassen und seufzten: „Ach wenn doch der Hänsel und die Gretel nur noch ein allereinziges Mal wieder kämen, ach, da wollten wir sie nimmermehr wieder allein im Walde lassen.“ - Da ging gerade die Türe auf, ohne dass erst angeklopft worden wäre, und Hänsel und Gretel traten leibhaftig herein!

   



Das war eine Freude! Und als nun vollends erst die kostbaren Perlen und Edelsteine zum Vorschein kamen, welche die Kinder mitbrachten, da war die Freude in allen Ecken und alle Not und Sorge hatte von nun an ein Ende.

   


ENDE 
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Danke für dieses wundervolle Märchen (auch wenn es mich als Kind mit sehr vielen verstöhrenden Fragen zurück lies)
    
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Wunderschön umgesetzt mit ganz tollen Bildern!
Das mit dem Schwan am Ende kannte ich nicht.... ist ja auch lange her.
Sissy hat schon recht wir hatten damals in der Grundschule eine Diskussion dazu, ein Lehrer hatte uns eine etwas andere Version des Märchens erzählt... leider bekomme ich die nicht mehr zusammen. In der Diskussion ging es um das Hexe in den Ofen stoßen. Und die Frage darf man einfach ein Menschen in eine Ofen stoßen? Es war sehr interessant und ist hängen geblieben.
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(09.03.2018, 22:53)Aquarius schrieb: Sissy hat schon recht wir hatten damals in der Grundschule eine Diskussion dazu, ein Lehrer hatte uns eine etwas andere Version des Märchens erzählt... leider bekomme ich die nicht mehr zusammen. In der Diskussion ging es um das Hexe in den Ofen stoßen. Und die Frage darf man einfach ein Menschen in eine Ofen stoßen? Es war sehr interessant und ist hängen geblieben.

Schon im codex hammurabi wurden bereits "Spiegelstrafen" aufgeführt. Im Mittelalter war sehr genau festgelegt, welches Vergehen auf welche Weise bestraft wird. Einem Dieb werden die Hände abgehackt, ein Vergewaltiger kastriert und Hexen wurden verbrannt. Damit dass die Hexe in den Ofen gestoßen wurde, haben die - unschuldigen - Kinder die Strafe ausgeführt, die man nach damaliger Zeit für gottgewollt hielt.

Natürlich kann man das auf die heutige Zeit nicht mehr so übernehmen. Sicher hätte das zu verspeisende Kind sich wehren können müssen. Aber jemanden in den Backofen schupsen, nur der Mutmaßung wegen, verspeist werden zu sollen?

Übrigens machte ich mir als Kind viele Gedanken um die Hexe. Warum sie so weit ab von allen anderen ganz allein im Wald lebte (Leute, die sich von kleinen Kindern ernähren sollten doch eher in der Nähe ihrer potentiellen Nahrung wohnen) Wohnte sie nicht deshalb mitten im Wald, weil sie die Menschen nicht sehen wollte und ihre Ruhe haben wollte? Wer weiß, was die Menschen ihr angetan hatten (Stichwort Hexenverfolgung), dass sie zum einen offensichtlich den Verstand verloren hatte (Haus aus Lebkuchen) zum anderen allein mitten im Wald lebte und so viel Hass auf die Kinder hatte, dass sie ihnen solche Angst einjagte. Wenn wir ehrlich sind, ist den Kindern nicht mal etwas passiert. Gretel musste im Haushalt helfen und Hänsel ist aller höchstes seiner Freiheit beraubt worden. Andererseits haben die Kinder auch ihr Haus kaputt gemacht...  Alles in allem hielt ich die Hexe immer für eine vom Leben gezeichnete alte Frau und wünschte mir immer eine Tochter für die Hexe, die den Kindern folgen würde und sie nicht einfach mit ihren Ersparnissen entkommen ließ.
    
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