16.10.2019, 17:24
s'Lied vom Chriesbaum
(Johann Peter Hebel, 1760-1826)
Dieses Gedicht ist meiner Meinung nach eines der schönsten Jahreszeitengedichte. Ich bin seit diesem Frühling dran, es entsprechend zu bebildern.
Der Text ist auf Alemannisch und daher nicht ganz einfach zu verstehen, allerdings macht der Dialekt auch einen Großteil des Charms aus. Im Netz habe ich zwar hochdeutsche Übersetzungen gefunden, aber die gefallen mir nicht. Ich denke, mit ein paar Anmerkungen müssten auch Nordlichter das Gedicht verstehen. (Bei Unklarheiten einfach fragen. Und falls jemand besser alemanisch kann als ich bin ich auch für Korrekturen dankbar.)
Der lieb Gott het zum Früehlig gseit*:
"Gang, deck im Würmli au si Tisch!"
Druf het der Chriesbaum* Blätter treit*,
viel tausig Blätter grüen und frisch.
gsait = gesagt
Chriesbaum = Kirschbaum;
Chriesbaum = Kirschbaum;
Chriesi= Kirschen; Ich könnte mir vorstellen, dass das Wort von franz. "cerise" kommt. In Baden-Württemberg haben wir ja viele französische Lehnwörter.
treit = getragen
Und's Würmli, us em Ei verwacht's
's het gschlofen in sim Winterhus;
es streckt si und sperrt 's Müli* uf
Und ribt* die blöden Augen us.
Und druf, se het's mit stillem Zahn
am Blättli gnagt enanderno
und gseit: "Wie isch das Gmües so guet!
Me chunnt* schier nimme* weg dervor".