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Fredeswinds Märchenschatztruhe
Do güng he hen, un as he door köhm, so wöör dar as een groote Kirch mit luter Pallastens ümgewen. Door drängd sik dorch dat Volk: inwendig was awer allens mit dausend Lichtern erleuchtet. Syne Fru seet noch up enem veel högeren Troon ut purem Gold, un hadde een groote gollne Kronen up, un üm ehr dar wöör so veel von geistlykem Staat un alle de Kaisers un de Königen, de legen vör ehr up de Kne und küßden ehr den Tüffel.

Da ging er hin, und als er dort ankam, so war da eine große Kirche mit lauter Palästen umgeben. Dort drängte er sich durch das Volk. Inwendig war aber alles mit tausend Lichtern erleuchtet. Seine Frau saß auf einem noch viel höheren Thron aus purem Gold und hatte eine große goldene Krone auf, und um sie herum waren so viele von geistlichem Stand und all die Kaiser und die Könige lagen vor ihr auf den Knien und küssten ihr den Pantoffel.

   



„Fru“, säd de Mann und seeg se so recht an, „büst du nun Paabst?“ „Ja“, säd se, „ik bün Paabst.“ Do güng he staan un seeg se recht an, un dat wöör, as wenn he in de hell Sunn seeg. As he se do en Flach ansehn hadd, so segt he: „Ach, Fru, wat lett dat schöön, wenn du Paabst büst!“ Se seet awerst ganß styf as en Boom, un rüppeld un röhrd sik nich. Do säd he: „Fru, nu sy tofreden, nu du Paabst büst, nu kannst du doch niks meer warden.“ „Dat will ik my bedenken“, säd de Fru.

„Frau“, sagte der Mann und sah sie so recht an, „bist du nun Papst?“ „Ja“, sagte sie, „ich bin Papst.“ Da blieb er stehen und sah sie recht an, und das war, als ob er in die helle Sonne sähe. Als er sie nun eine Zeitlang angesehen hatte, so sagte er: „Ach, Frau, was lässt sich das gut an, wenn du Papst bist!“ Sie saß aber ganz steif wie ein Baum und rüttelte und rührte sich nicht. Da sagte er: „Frau, nun sei zufrieden, jetzt wo du Papst bist, nun kannst du doch nichts mehr werden.“ „Das will ich mir bedenken.“, sagte die Frau.

   



Mit des güngen se beyde to Bedd, awerst se wöör nich tofreden, un de Girighait leet se nich slapen, se dachd jümmer, wat se noch warden wull. De Mann sleep recht good un fast, he hadd den Dag veel lopen, de Fru awerst kunn goor nich inslapen, un smeet sik von en Syd to der annern de ganße Nacht un dachd man jümmer, wat se noch wol warden kunn, un kunn sik doch up niks meer besinnen.

Damit gingen sie beide zu Bett, aber sie war nicht zufrieden, und die Gierigkeit ließ sie nicht schlafen, sie dachte immer, was sie noch werden wolle. Der Mann schlief recht gut und fest, er war den Tag viel gelaufen, die Frau aber konnte gar nicht einschlafen und schmiss sich von einer Seite auf die andere, die ganze Nacht, und dachte nur immer, was sie noch wohl werden könnte, und konnte sich doch auf nichts mehr besinnen.

   



Mit des wull de Sünn upgan, un as se dat Margenrood seeg, richt'd se sik äwer End im Bedd un seeg door henin, un as se uut dem Fenster de Sünn so herup kamen see: dachd se: „Ha, kunn ik nich ook de Sünn un de Maan upgaan laten?“ „Mann“, säd se un stöd em mit dem Ellbagen in de Ribben, „waak up, ga hen tom Butt, ik will warden as de lewe Gott.“ De Mann was noch meist in'n Slaap, un he vörschrock sik seer. He meend, he hadd sik vör höörd, un reef sik de Ogen ut un säd: „Ach, Fru, wat säd'st du?"

Indes wollte die Sonne aufgehen, und als die Frau das Morgenrot sah, da richtete sie sich am Bettende auf und sah dort hinein, und als sie aus dem Fenster die Sonne so aufgehen sah, dachte sie: „Ha, könnte ich nicht auch die Sonne und den Mond aufgehen lassen?“ „Mann“, sagte sie und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen, „wach auf, geh hin zum Butt, ich will werden wie der liebe Gott.“ Der Mann war noch mehr im Schlaf und er erschrak sich sehr. Er meinte, er hätte sich verhört, rieb sich die Augen aus und sagte: „Ach, Frau, was hast du gesagt?“

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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„Mann“, säd se, „wenn ik nich de Sünn un de Maan kan upgaan laten, un mutt dat so ansehn, dat de Sünn un de Maan upgaan, ik kann dat nich uuthollen, un hebb kene geruhige Stünd meer, dat ik se nich sülwst kann upgaan laten.“ Do seeg se em so recht gräsig an, dat em so'n Schudder äwerleep. „Glyk ga hen, ik will warden as de lewe Gott.“ „Ach, Frau“, säd de Mann, un füll vör eer up de Knee, „dat kann de Butt nich. Kaiser un Paabst kann he maken, ik bidd dy, sla in dy un blyf Paabst.“ Do köhm se in de Booshait un geef em eens mit dem Foot un schreed: „Ik holl dat nich uut, un holl dat nich länger uut, wult du glyk hengaan?“ Do slööpd he sik de Büxen an un leep wech as unsinnig.

„Mann“, sagte sie, „wenn ich nicht die Sonne und den Mond kann aufgehen lassen und muss das so ansehen, wie Sonne und Mond aufgehen, ich kann das nicht aushalten und habe keine ruhige Stunde mehr, dass ich sie nicht selber kann aufgehen lassen.“ Da sah sie ihn so recht grausig an, dass ihn so ein Schauder überlief. „Gleich geh hin, ich will werden wie der liebe Gott.“ „Ach, Frau“, sagte der Mann, und fiel vor ihr auf die Knie „das kann der Butt nicht. Kaiser und Papst kann er machen, ich bitte dich, geh in dich und bleib Papst!“ Da kam sie in Wut und gab ihm eins mit den Füßen und schrie: „Ich halt das nicht aus und halt das nicht länger aus, willst gleich hingehen!“ Da schlüpfte er in Buchsen (Hosen) an und lief weg wie unsinnig.

   



Buten awer güng de Storm, und bruusde, dat he kuum up de Föten staan kunn: de Huser un de Bömer waiden um, un de Baarge beewden, un de Felsenstücken rullden in de See, un de Himmel wöör ganß pickswart, un dat dunnerd un blitzd, un de See güng in so hoge swarte Bülgen un de hadden bawen alle ene witte Kroon von Schuum up.

Draußen aber ging der Sturm und brauste, daß er kaum noch auf seinen Füßen stehen konnte. Die Häuser und die Bäume wehten um, und die Berge bebten, und die Felsbrocken rollten in die See, und der Himmel war pechschwarz, und das donnerte und blitzte, und die See ging in so hohen schwarzen Wogen und sie hatten oben alle eine weiße Krone von Schaum drauf.

   



So schre he, un kun syn egen Woord nich hören:

„Manntje, Manntje, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
myne Fru de Ilsebill
will nich so, as ik wol will.“

„Na, wat will se denn?“, säd de Butt. „Ach“, säd he, „se will warden as de lewe Gott.“ „Ga man hen, se sitt all weder in'n Pißputt.“



So schrie er und konnte sein eigen Wort nicht hören:

„Manntje, Manntje, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, als ich wohl will.“

„Na, was will sie denn?“, fragte der Butt. „Ach“, sagte er, „sie will werden wie der liebe Gott . „Geh nur hin, sie sitzt schon wieder in dem Pisspott.“


   



Door sitten se noch bet up hüüt un düssen Dag.

Dort sitzen sie noch bis auf heute und diesen Tag.

   




ENDE
Fredeswind Märchenschatztruhe

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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Schöne Geschichte! Schön dargestellt! Danke!

Smile 

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(28.05.2020, 07:39)Fredeswind schrieb: Aber in diesem Märchen war es gar nicht so einfach eine Steigerung nach den Wünschen der Frau darzustellen. Beschrieben ist es ja schnell, bloß an der Umsetzung ins Bild mit Playmobil hapert es manchmal ein bisschen. Um, so schöner, wenn es dann gefällt. Oops

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee
 
...ist Dir aber gelungen! daumen daumen daumen Das Märchen ist wirklich toll!
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Wenn man werden will, wie der liebe Gott, sitzt man auf dem Pisspott...... grübeln 

Das habe ich schon als Kind nicht recht verstanden..... grübeln  aber ich fand es trotzdem immer lustig.... Kicher 


Waren halt andere Zeiten, als die Geschichten entstanden...... Grinsen 


Haste echt toll erzählt und dargestellt...... Danke
Phantasie ist wichtiger als Wissen, den Wissen ist begrenzt!!!

-Albert Einstein- Opi Opi Opi
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"se sitt all weder in'n Pißputt"  Kicher

Da hätte ich ja fast eines meiner Lieblingsmärchen verpasst. Wundervoll hast Du es wieder erzählt, liebe Märchenfee. Und die Moral ist doch immer de selbe. Wahrscheinlich waren die "Wunscherfüllungen" des Buttes nur Illusionen, die nicht lang anhalten mussten.

Vor vielen Jahren habe ich in Abwandlung dieser Geschichte mal eine kleine Geschichte gelesen darüber dass am Ende des Regenbogens gar kein Tpopf Gold ist, sondern eine alte Socke. Aber daneben steht ein Elf und bietet dem Finder an, die Socke gegen den Inhalt eines Kästchens zu tauschen. in dem Kästchen ist Reichtum, ein SchlossDiener usw. Aber auch das kann man tauschen, gegen ein anders Kästchen. In diesem ist unglaubliche Macht über die ganze Werlt und unfassbarer Reichtum... aber ach das kann man tauschen gegen ein weiteres Kästchen. In diesem befindet sich ... Genau: Eine alte Socke! Bisher hat niemand etwas anderes als eine alte Socke vom Ende des Regenbogens mitgebracht.. Wie gesagt, die Moral ist immer die gleiche.

Und ich danke Dir wie immer für das schöne Märchen!
    
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(29.05.2020, 03:59)deskoenigsadmiral schrieb: Wenn man werden will, wie der liebe Gott, sitzt man auf dem Pisspott...... grübeln 

Das habe ich schon als Kind nicht recht verstanden..... grübeln  aber ich fand es trotzdem immer lustig.... Kicher 
 
Naja, da gibt es ja immer noch genug Sprichwörter, die im Prinzip das Gleiche ausdrücken: "Hochmut kommt vor dem Fall" oder "Schuster, bleib bei Deinen Leisten"...

Letztlich soll das Märchen die Leser doch dazu bringen, demütig ihren jeweiligen Platz in der Gesellschaft zu akzeptieren. Zumindest sollen sie nichts anstreben, was Gott für den Menschen nicht vorgesehen hat - den Platz Gottes.

Es sind ja etliche der alten Märchen recht moralinsauer...

Ist mir aber letztlich egal. Irmtraud, ich finde Deine Märchen ja alle toll - aber das hier gehört zu den Highlights, so, wie Du es arrangiert hast.
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(29.05.2020, 03:59)deskoenigsadmiral schrieb: Wenn man werden will, wie der liebe Gott, sitzt man auf dem Pisspott...... grübeln 

Das habe ich schon als Kind nicht recht verstanden..... grübeln  aber ich fand es trotzdem immer lustig.... Kicher 

Mir fallen da 2 Interpretationsansätze ein:

1) Göttlichkeit zeigt sich eben nicht durch Macht, sondern in der der Bescheidenheit. Gottes Aufgabe ist eben nicht, Sonne und Mond aufgehen zu lassen. Das können sie auch alleine.  Zwink
Jesus wurde nicht ohne Grund im Stall geboren. 

2) Ilsebil wirkt auf mich wie eine Süchtige. Sie nutzt ihre Machtpositionen nicht, um zu regieren und irgendetwas zu bewirken, sie will immer nur mehr Macht um des Machthabens Willen. Was wäre, wenn der Butt den letzten Wunsch auch noch erfüllen würde? (im Märchen geht das ja, sich auf den Thron Gottes setzen) Wäre sie dann zufrieden? Sicher nicht. Aber was würde sich sich dann noch wünschen?
Märchen sind ursprünglich keine Moralerzählungen (dazu gibt es Fabeln), sondern Entwicklungsgeschichten. (Allerdings haben die Sammler und Herausgeber sie später oft mit einer Moral versehen, vor allem Perault). Aber eigentlich geht es um persönliche Entwicklung. Und die Entwicklung geht bei Ilsebil in eine sehr bedenkliche Richtung. Sie verliert sich. Außer ihrem Mann nennt keiner ihren Namen. Sie wird nicht Königin, Kaiserin, Päpstin sondern König, Kaiser, Papst, verliert also ihre weibliche Identität. Eigentlich ist sie nur noch Rolle und nicht Person. Im Film fragt ihr Mann am Ende: "Bist du wieder Ilsebil?"

Außerdem: Der ganze Zugewinn an Macht und Reichtum geht nicht ohne Kollateralschäden ab. Die Veränderungen des Meeres wirken auf mich wie eine riesige Umweltkatastrophe! Sowas kennen wir heute dich alle.  Rotwerd Da ist das Märchen hochaktuell. 

Nochmal zu 1) In der Paradiesgeschichte wollen Adam und Eva ebenfalls wie Gott werden. Dort wollen sie das Wissen über "Gut" und "Böse", wobei das im Hebräischen keine abstrakten Kategorien sind, sondern soviel bedeutet wie "was dem Leben nützt" bzw. "dem Leben schadet". Und welche Lebensweise dem Leben (als Ganzes/ des Planeten) nützt und welche schadet, ist im Märchen anhand den Veränderungen des Meeres doch sehr schön dargestellt.
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Ich denke, die Moral ist vor allem, dass man wissen sollte, wann es genug ist und dass man die Dankbarkeit eines in seiner Schuld stehenden nicht ausnutzen solllte. Hätte Isabell sich mit der schönen Hütte, die sie beim ersten Mal bekommen hatte, zufriedengegeben, hätten beide ein schönes Leben bis an ihr Lebensende haben können. Aber es ist wohl eine Schwäche vieler Menschen, dass wen sie die Möglichkeit sehen, immer mehr zu wollen, eben mit nichts mehr zufrieden sind. Ich denke da nur an die Leute, die sich jedes halbe Jahr ein neues Handy für 500 € oder mehr kaufen, weil das alte ja nicht mehr die neuste Technik hat usw... Dieses immer mehr und mehr wolllen scheint ein tief verwurzeltes Problem zu sein, vor dem so ein Märchen einen eben warnen will. Das heutige Äquivalent wäre sich irgendann gar kein Handy mehr leisten zu können, wenn man sich wegen den immer neuen tollen Teilen verschuldet hat.

Übrigens fällt mir in dem Zusammnhang auch Hauffs "das kalte Herz" ein, in dem der Kohlenmunk Peter sogar sein Herz verkauft, um reich und mächtig zu sein, wodurch er aber alles andere verliert.

Ja, das Thema Gier und Habsucht sind noch genauso aktuell wie zu Zeiten des Fischers und seiner Frau. Leider haben viele Eltern versäumt, ihren Kindern Märchen zu erzählen, sondern zu "pädagogisch wertvollen" Büchern gegriffen...
    
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(30.05.2020, 11:44)Ischade schrieb: Aber es ist wohl eine Schwäche vieler Menschen, dass wenn sie die Möglichkeit sehen, immer mehr zu wollen, eben mit nichts mehr zufrieden sind. (...)
Dieses immer mehr und mehr wolllen scheint ein tief verwurzeltes Problem zu sein, vor dem so ein Märchen einen eben warnen will.

(...)

Ja, das Thema Gier und Habsucht sind noch genauso aktuell wie zu Zeiten des Fischers und seiner Frau. Leider haben viele Eltern versäumt, ihren Kindern Märchen zu erzählen, sondern zu "pädagogisch wertvollen" Büchern gegriffen...
  
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Ich philosophiere gerade darüber, was das jetzt über uns Sammler sagt... Wir Sammler wollen doch auch immer mehr!
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