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23.03.2020, 09:29
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.03.2020, 09:35 von Fredeswind.)
(22.03.2020, 23:38)JTD schrieb: Hallo Irmi,
nicht nur in den Märchen wurden Schneider früher oft als dürre Gestalten beschrieben. Schneider war wohl kein Beruf, in dem man reich werden konnte, und viele Schneider mußten oft den Gürtel enger schnallen.
Deine Szene, in der der Schneider nur wegen seines Bügeleisens nicht vom Baum geweht wird, kommt ja nicht von ungefähr: über Schneider hat man oft geschrieben, sie wären so leicht wie eine Feder und das geringste Windchen würde sie wegwehen...
Hihi... Noch eine Antwort, und Dein Märchen-Thread hat genau 1000 Beiträge!
Da hast du allerdings recht. Schneider wurden so dargestellt. Und da ist dieser Schneider wohl auch keine Ausnahme.
LG von der Märchenfee Fredeswind
(1000 Beiträge, hätte ich jetzt übersehen, wie aufmerksam von dir. Das ist ja ein echtes Jubiläum und das auf Seite 100, noch ein Jubiläum.)
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Als erstes wie immer vielen Dank für das Märchen. Genau solche Dinge brauchen wir zur Zeit, um auf andere Ideen zu kommen.
Bei dem Schneider muss ich daran denken, dass meine Oma immer erzählte, dass einer ihrer Brüder Schneider wurde, weil er viel kleiner und schmächtiger war, als ihre anderen beiden Brüder und ihr Vater deshalb meinte, für eine andere Arbeit würde er nicht taugen... Allerdings nähte er wohl für die ganze Gegend und blieb nicht der klassische arme Schneider...
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Da erblickte er nahe bei dem Häuschen einen großen dunklen Stier und einen schönen Hirsch, die in dem heftigsten Kampfe begriffen waren.
Sie gingen mit so großer Wucht aufeinander los, dass von ihrem Getrampel der Boden erzitterte und die Luft von ihrem Geschrei erdröhnte.
Es war lange ungewiss, welcher von beiden den Sieg davontragen würde; endlich stieß der Hirsch seinem Gegner das Geweih in den Leib, worauf der Stier mit entsetzlichem Brüllen zur Erde sank, und durch einige Schläge des Hirsches völlig getötet ward.
Der Schneider, welcher dem Kampf mit Erstaunen zugesehen hatte, stand noch unbeweglich da, als der Hirsch in vollen Sprüngen auf ihn zueilte und ihn, ehe er entfliehen konnte, mit seinem großen Geweihe geradezu aufgabelte.
Er konnte sich nicht lange besinnen, denn es ging schnellen Laufes fort über Stock und Stein, Berg und Tal, Wiese und Wald. Er hielt sich mit beiden Händen an den Enden des Geweihes fest und überließ sich seinem Schicksal. Es kam ihm aber nicht anders vor, als flöge er davon.
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23.03.2020, 09:50
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.03.2020, 09:52 von Fredeswind.)
Endlich hielt der Hirsch vor einer Felswand still und ließ den Schneider sanft herabfallen. Der Schneider, mehr tot als lebendig, bedurfte längere Zeit, um wieder zur Besinnung zu kommen.
Als er sich einigermaßen erholt hatte, stieß der Hirsch, der neben ihm stehen geblieben war, sein Geweih mit solcher Gewalt gegen eine in dem Felsen befindliche Türe, dass sie aufsprang.
Feuerflammen schlugen heraus, auf welche ein großer Dampf folgte, der den Hirsch seinen Augen entzog. Der Schneider wusste nicht, was er tun und wohin er sich wenden sollte, um aus dieser Einöde wieder unter Menschen zu gelangen.
Indem er also unschlüssig stand, tönte eine Stimme aus dem Felsen, die ihm zurief: „Tritt ohne Furcht herein, dir soll kein Leid widerfahren." Er zauderte zwar, doch von einer heimlichen Gewalt angetrieben, gehorchte er der Stimme.
Er gelangte durch die eiserne Tür in einen großen geräumigen Saal, dessen Decke, Wände und Boden aus geschliffenen Quadratsteinen bestanden, auf deren jedem ihm unbekannte Zeichen eingehauen waren.
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24.03.2020, 09:38
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24.03.2020, 09:40 von Fredeswind.)
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Er betrachtete alles voll Bewunderung und war eben im Begriff, wieder hinauszugehen, als er abermals die Stimme vernahm, welche ihm sagte: „Tritt auf den Stein, der in der Mitte des Saales liegt, und dein wartet großes Glück." Sein Mut war schon so weit gewachsen, dass er dem Befehle Folge leistete. Der Stein begann unter seinen Füßen nachzugeben und sank langsam in die Tiefe hinab.
Als er wieder feststand und der Schneider sich umsah, befand er sich in einem Saale, der an Umfang dem vorigen gleich war. Hier aber gab es mehr zu betrachten und zu bewundern. Da gab es Gefäße von durchsichtigem Glase, die mit farbigem Spiritus oder mit einem Rauche angefüllt waren.
Auf dem Boden des Saales standen, einander gegenüber, zwei große gläserne Kasten, die sogleich seine Neugierde reizten.
Indem er zu dem einen trat, erblickte er darin ein schönes Gebäude, einem Schlosse ähnlich, von einer Menge anderer artigen Sachen umgeben. Alles war klein, aber überaus sorgfältig und zierlich gearbeitet, und schien von einer kunstreichen Hand mit der höchsten Genauigkeit ausgeschnitzt zu sein.
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Er würde seine Augen von der Betrachtung dieser Seltenheiten noch nicht abgewendet haben, wenn sich nicht die Stimme abermals hätte hören lassen. Sie forderte ihn auf, sich umzukehren und den gegenüberstehenden Glaskasten zu beschauen. Wie stieg seine Verwunderung, als er darin ein Mädchen von größter Schönheit erblickte.
Es lag wie im Schlafe, und hatte lange blonde Haare. Die Augen waren fest geschlossen, doch die lebhafte Gesichtsfarbe ließen keinen Zweifel an ihrem Leben. Der Schneider betrachtete die Schöne mit klopfendem Herzen, als sie plötzlich die Augen aufschlug und bei seinem Anblick in freudigem Schrecken zusammenfuhr.
„Gerechter Himmel", rief sie, „meine Befreiung naht! Geschwind, geschwind, hilf mir aus meinem Gefängnis: wenn du den Riegel an diesem gläsernen Sarg wegschiebst, so bin ich erlöst."
Der Schneider gehorchte ohne Zaudern, alsbald hob sie den Glasdeckel in die Höhe, stieg heraus und eilte in die Ecke des Saals, wo sie sich in einen weiten Mantel verhüllte.
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