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Fredeswinds Märchenschatztruhe
Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst und sprach zu ihrer Kammerjungfer: „Steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du für mich mitgenommen hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.“ „Wenn Ihr Durst habt“, sprach die Kammerjungfer, „so steigt selber ab, legt Euch ans Wasser und trinkt, ich mag Eure Magd nicht sein.“ 

   


Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wasser im Bach und trank, und durfte nicht aus dem goldenen Becher trinken. Da sprach sie: „Ach Gott!“ Da antworteten die drei Blutstropfen: „Wenn das deine Mutter wüsste, das Herz tät ihr zerspringen.“ Aber die Königsbraut war demütig, sagte nichts und stieg wieder zu Pferd.

   


So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem. Da sie nun an einen Wasserfluss kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer: „Steig ab und gib mir aus meinem Goldbecher zu trinken“, denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. 

   


Die Kammerjungfer sprach aber noch hochmütiger: „Wollt Ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht Eure Magd sein.“ Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach: „Ach Gott!“ Und die Blutstropfen antworteten wiederum: „Wenn das deine Mutter wüsste, das Herz im Leibe tät ihr zerspringen.“

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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(04.12.2019, 20:56)Ischade schrieb: Oh wie schön. Als Kind hab ich das Märchen geliebt. Ist sooo traurig.

Ja, zeitweise wirklich zum Weinen. Weinen
 
Ich mag solche Hinterhältigkeit gar nicht!  Wut
Fredeswind Märchenschatztruhe

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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Hallo Irmi,

ich habe mir heimlich seit langem gewünscht, daß Du genau dieses Märchen mal inszenierst! Aber ich hätte noch nicht mal gewußt, wie es heißt...
 
Kavalier Danke
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(04.12.2019, 22:49)JTD schrieb: Hallo Irmi,

ich habe mir heimlich seit langem gewünscht, daß Du genau dieses Märchen mal inszenierst! Aber ich hätte noch nicht mal gewußt, wie es heißt...
 
Kavalier Danke

So kann's gehen. 
Wenn das Wünsche erfüllen nur immer so leicht wäre, rein zufällig einen Wunsch erfüllt, das find ich toll.  Pfeif

LG von der Märchenfee Fredeswind
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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Und wie sie so trank und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen und floss mit dem Wasser fort, ohne dass sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen und freute sich, dass sie Gewalt über die Braut bekäme. 

   


Denn damit, dass diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerjungfer: „Auf Falada gehör ich, und auf meinen Gaul gehörst du!“, und das musste sie sich gefallen lassen. 

   


Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten, die königlichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich musste sie sich unter freiem Himmel verschwören, dass sie am königlichen Hof keinem Menschen etwas davon sagen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre sie auf der Stelle umgebracht worden.

   


Aber Falada sah das alles an und nahm es wohl in acht. Die Kammerjungfer stieg nun auf Falada und die wahre Braut auf das schlechte Ross, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem königlichen Schloss eintrafen.

   
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Da war große Freude über ihre Ankunft, und der Königssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde und meinte, sie wäre seine Gemahlin; sie ward die Treppe hinaufgeführt, die wahre Königstochter aber musste unten stehen bleiben. 

   


Da schaute der alte König am Fenster und sah sie im Hof halten und sah, wie sie fein war, zart und gar schön; ging alsbald hin ins königliche Gemach. 

   


Er fragte die Braut nach der, die sie bei sich hätte und da unten im Hofe stände, und wer sie wäre. „Die hab ich mir unterwegs mitgenommen zur Gesellschaft; gebt der Magd was zu arbeiten, dass sie nicht müßig steht.“ Aber der alte König hatte keine Arbeit für sie und wusste nichts, als dass er sagte: „Da hab ich so einen kleinen Jungen, der hütet die Gänse, dem mag sie helfen.“ Der Junge hieß Kürtchen, dem musste die wahre Braut helfen Gänse hüten.

   


Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König: „Liebster Gemahl, ich bitte Euch, tut mir einen Gefallen.“ Er antwortete: „Das will ich gerne tun.“ „Nun so lasst den Schinder rufen und da dem Pferde, worauf ich hergeritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterwegs geärgert hat.“

   
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Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Eigentlich aber fürchtete sie, dass das Pferd sprechen möchte, wie sie mit der Königstochter umgegangen war. Nun war das so weit geraten, dass es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr, und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese.

   


In der Stadt war ein großes finsteres Tor, wo sie abends und morgens mit den Gänsen durch musste, unter das finstere Tor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, dass sie ihn doch noch mehr als einmal sehen könnte. Also versprach das der Schindersknecht zu tun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Tor fest.

   


Des Morgens früh, da sie und Kürdchen unterm Tor hinaustrieben, sprach sie im Vorbeigehen:

 „O du Falada, da du hangest“, 

da antwortete der Kopf,

 „O du Jungfer Königin, da du gangest. 
Wenn das deine Mutter wüsste, 
Ihr Herz tät ihr zerspringen.“

   


Da zog sie still weiter zur Stadt hinaus, und sie trieben die Gänse aufs Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen waren, saß sie nieder und machte ihre Haare auf, die waren eitel Gold, und Kürtchen sah sie und freute sich, wie sie glänzten, und wollte ihr ein paar ausraufen. 

   
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Da sprach sie:
 
Weh, weh, Windchen,
nimm Kürdchen sein Hütchen
und lass'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt
Und wieder aufgesatzt.“


   


Und da kam ein so starker Wind, dass er dem Kürdchen sein Hütchen wegwehte über alle Land, und es musste ihm nachlaufen. Bis es wiederkam, war sie mit dem Kämmen und Aufsetzen fertig, und er konnte keine Haare kriegen. Da war Kürdchen bös und sprach nicht mit ihr; und so hüteten sie die Gänse, bis dass es Abend ward, dann gingen sie nach Haus.

   


Den andern Morgen, wie sie unter dem finstern Tor hinaustrieben, sprach die Jungfrau: 

„O du Falada, da du hangest.“, 

Falada antwortete: 

„O du Jungfer Königin, da du gangest. 
Wenn das deine Mutter wüsste, 
Ihr Herz tät ihr zerspringen.“

   


Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fing an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell:

Weh, weh, Windchen,
nimm Kürdchen sein Hütchen
und lass'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt
Und wieder aufgesatzt.“


   
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Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, dass Kürdchen nachlaufen musste; und als es wiederkam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse, bis es Abend ward. 

   


Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, ging Kürdchen vor den alten König und sagte: „Mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.“ „Warum denn?“, fragte der alte König. „Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.“ Da befahl ihm der alte König zu erzählen, wies ihm denn mit ihr ginge. 

   


Da sagte Kürdchen: „Morgens, wenn wir unter dem finsteren Tor mit der Herde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie: 

Falada, da du hangest‘. 

Da antwortet der Kopf:
 
O du Königsjungfer, da du gangest.
Wenn das deine Mutter wüsste,
das Herz tät ihr zerspringen.‘ “

   


Und so erzählte Kürdchen weiter, was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müsste. Der alte König befahl ihm, den nächsten Tag wieder hinauszutreiben.

   
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Und er selbst, wie es Morgen war, setzte sich hinter das finstere Tor und hörte da, wie sie mit dem Haupt des Falada sprach; und dann ging er ihr auch nach in das Feld und barg sich in einem Busch auf der Wiese. 

   


Da sah er nun bald mit seinen eigenen Augen, wie die Gänsemagd und der Gänsejunge die Herde getrieben brachte, und wie nach einer Weile sie sich setzte und ihre Haare losflocht, die strahlten von Glanz. Gleich sprach sie wieder: 

Weh, weh, Windchen,
nimm Kürdchen sein Hütchen
und lass'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt
Und wieder aufgesatzt.“


   


Da kam ein Windstoß
und fuhr mit Kürdchens Hut weg, dass es weit zu laufen hatte, und die Magd kämmte und flocht ihre Locken still fort, welches der alte König alles beobachtete. Darauf ging er unbemerkt zurück.


   

 
Und als abends die Gänsemagd heim kam, rief er sie beiseite und fragte, warum sie dem allem so täte. „Das darf ich Euch nicht sagen, und darf auch keinem Menschen mein Leid klagen, denn so hab ich mich unter freiem Himmel verschworen, weil ich sonst um mein Leben gekommen wäre.“

   
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