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Fredeswinds Märchenschatztruhe
(18.02.2021, 23:09)Aquarius schrieb: Umwerfende Arbeit super schön umgesetzt!
Weiter so.

Danke Danke Rotwerd Rotwerd
Was für ein märchenhaftes Lob! Ohnmacht

Elke

Ich werde mir Mühe geben es weiter so zu machen.  

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Thanks given by:
Eine Weile schritten sie gerade darauf zu, bis sie durch den Uferabsturz eines Stromes aufgehalten wurden, der den Bau rings zu umgeben schien. Auch hier war jedoch das Wasser bis auf einen schmalen Faden, der noch in der Mitte floss, verdunstet; ein Nachen lag zerborsten auf der trockenen Schlammdecke des Strombettes. „Schreite hindurch!“, sagte die Trude. „Über dich hat er keine Gewalt. Aber vergiss nicht, von dem Wasser zu schöpfen; du wirst es bald gebrauchen!“

   



Als Maren, dem Befehl gehorchend, von dem Ufer herabtrat, hätte sie fast den Fuß zurückgezogen, denn der Boden war hier so heiß, dass sie die Glut durch ihre Schuhe fühlte. „Ei was, mögen die Schuhe verbrennen!“, dachte sie und schritt rüstig mit ihrem Kruge weiter. Plötzlich aber blieb sie stehen; der Ausdruck des tiefsten Entsetzens trat in ihre Augen. Denn neben ihr zerriss die trockene Schlammdecke, und eine große braunrote Faust mit krummen Fingern fuhr daraus hervor und griff nach ihr.

   



„Mut!“, hörte sie die Stimme der Trude hinter sich vom Ufer her. Da erst stieß sie einen lauten Schrei aus, und der Spuk verschwand. „Schließe die Augen!“, hörte sie wiederum die Trude rufen. – Da ging sie mit geschlossenen Augen weiter; als sie aber das Wasser ihren Fuß berühren fühlte, bückte sie sich und füllte ihre Krug. Dann stieg sie leicht und ungefährdet am andern Ufer wieder hinauf.

   



Bald hatte sie das Schloss erreicht und trat mit klopfendem Herzen durch eines der großen offenen Tore. Drinnen aber blieb sie staunend an dem Eingange stehen. Das ganze Innere schien nur ein einziger unermesslicher Raum zu sein. Mächtige Säulen von Tropfstein trugen in beinahe unabsehbarer Höhe eine seltsame Decke; fast meinte Maren, es seinen nichts als graue riesenhafte Spinngewebe, die überall in Bauschen und Spitzen zwischen den Knäufen der Säulen herabhingen. Noch immer stand sie wie verloren an derselben Stelle und blickte bald vor sich hin, bald nach einer und der andern Seite, aber diese ungeheuren Räume schienen außer nach der Front zu, durch welche Maren eingetreten war, ganz ohne Grenzen zu sein; Säule hinter Säule erhob sich, und wie sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nirgends ein Ende absehen.

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Da blieb ihr Auge an einer Vertiefung des Bodens haften. Und siehe! Dort, unweit von ihr, war der Brunnen; auch den goldenen Schlüssel sah sie auf der Falltür liegen. Während sie darauf zuging, bemerkte sie, dass der Fußboden nicht etwa, wie sie es in ihrer Dorfkirche gesehen, mit Steinplatten, sondern überall mit vertrockneten Schilf- und Wiesenpflanzen bedeckt war. Aber es nahm sie jetzt schon nichts mehr wunder.

   



Nun stand sie am Brunnen und wollte eben den Schlüssel ergreifen; da zog sie rasch die Hand zurück. Denn deutlich hatte sie es erkannt, der Schlüssel, der ihr in dem grellen Licht eines von außen hereinfallenden Sonnenstrahl entgegenleuchtete, war von Glut und nicht von Gold rot. Ohne Zaudern goss sie ihren Krug darüber aus, dass das Zischen des verdampfenden Wassers in den weiten Räumen widerhallte.

   



Dann schloss sie rasch den Brunnen auf. Ein frischer Duft stieg aus der Tiefe, als sie die Falltür zurückgeschlagen hatte, und erfüllte bald alles mit einem feinen feuchten Staube, der wie ein zartes Gewölk zwischen den Säulen emporstieg. Sinnend und in der frischen Kühle aufatmend, ging Maren umher. Da begann zu ihren Füßen ein neues Wunder.

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Wie ein Hauch rieselte ein lichtes Grün über die verdorrte Pflanzendecke, die Halme richteten sich auf, und bald wandelte das Mädchen durch eine Fülle sprießender Blätter und Blumen. Am Fuße der Säulen wurde es blau von Vergissmeinnicht; dazwischen blühten gelbe und braunviolette Iris auf und verhauchten ihren zarten Duft. An den Spitzen der Blätter klommen Libellen empor, prüften ihre Flügel und schwebten dann schillernd und gaukelnd über den Blumenkelchen, während der frische Duft, der fortwährend aus dem Brunnen stieg, immer mehr die Luft erfüllte und wie Silberfunken in den hereinfallenden Sonnenstrahlen tanzte.

   



Indessen Maren noch des Entzückens und Bestaunens kein Ende finden konnte, hörte sie hinter sich ein behagliches Stöhnen wie von einer süßen Frauenstimme. Und wirklich, als sie ihre Augen nach der Vertiefung des Brunnens wandte, sah sie auf dem grünen Moosrande, der dort emporgekeimt war, die ruhende Gestalt einer wunderbar schön blühenden Frau. Sie hatte ihren Kopf auf den nackten glänzenden Arm gestützt, über den das blonde Haar (wie in seidenen Wellen) herabfiel, und ließ ihre Augen oben zwischen den Säulen an der Decke wandern.

   



Auch Maren blickte unwillkürlich hinauf. Da sah sie nun wohl, dass das, was sie für große Spinngewebe gehalten, nichts andres war als die zarten Florgewebe der Regenwolken, die durch den aus dem Brunnen aufsteigenden Duft gefüllt und schwer und schwerer wurden. Eben hatte sich ein solches Gewölk in der Mitte der Decke abgelöst und sank leise schwebend herab, so dass Maren das Gesicht der schönen Frau am Brunnen nur noch wie durch einen grauen Schleier leuchten sah.

   



Da klatschte diese in die Hände, und sogleich schwamm die Wolke der nächsten Fensteröffnung zu und floss durch dieselbe ins Freie hinaus. „Nun!“, rief die schöne Frau. „Wie gefällt dir das?“ Dabei lächelte ihr roter Mund, und ihre weißen Zähne blitzten. Dann winkte sie Maren zu sich, und diese musste sich neben ihr ins Moos setzen; und als eben wieder ein Duftgewebe von der Decke niedersank, sagte sie: „Nun klatsch in deine Hände!“ Und als Maren das getan und auch diese Wolke, wie die erste, ins Freie hinausgezogen war, rief sie: „Siehst du wohl, wie leicht das ist! Du kannst es besser noch als ich!“

   
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Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Warum auch immer, aber die Regentrude kannte ich überhaupt nicht. Nur der Spruch war mir,
von wann auch immer, noch in Erinnerung. Weiss nicht Weiss nicht
 
Irmi, ich finde das Märchen absolut klasse und deine Bildliche Umsetzung mehr als gelungen. Zehn Zehn
 
Und jetzt warte ich auf die Fortsetzung. warten
Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
aber du kannst neu anfangen und das Ende ändern.

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(21.02.2021, 21:08)Floranja89 schrieb: Warum auch immer, aber die Regentrude kannte ich überhaupt nicht. Nur der Spruch war mir,
von wann auch immer, noch in Erinnerung. Weiss nicht Weiss nicht
 
Irmi, ich finde das Märchen absolut klasse und deine Bildliche Umsetzung mehr als gelungen. Zehn Zehn
 
Und jetzt warte ich auf die Fortsetzung. warten

Danke Danke  Was für ein Lob! Rotwerd Rotwerd

Wenn es so gefällt, dann hat sich mein Kopfzerbrechen über die Inszenierung ja gelohnt, und ich bin froh, dass ich mich doch an das Märchen gewagt habe. 

Umso schöner, dass du jetzt das Märchen zu dem Sprüchlein kennenlernst.

Dann will ich dich/euch nicht länger warten lassen. warten  Geht gleich weiter.

LG von der Märchenfee Fredeswind  fee
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Maren betrachtete verwundert die schöne übermütige Frau. „Aber“, fragte sie, „wer seid Ihr denn so eigentlich?“ „Wer ich bin? Nun, Kind, du bist aber einfältig!“ Das Mädchen sah sie noch einmal mit ungewissen Augen an; endlich sagte sie zögernd: „Ihr seid doch nicht gar die Regentrude?“ „Und wer sollte ich denn anders sein?“ „Aber verzeiht! Ihr seid ja so schön und lustig jetzt!“ Da wurde die Trude plötzlich ganz still. „Ja!“, rief sie, „ich muss dir dankbar sein. Wenn du mich nicht geweckt hättest, wäre der Feuermann Meister geworden, und ich hätte wieder hinab müssen zu der Mutter unter die Erde.“

   



Und indem sie ein wenig wie vor innerem Grauen die weißen Schultern zusammenzog, setzte sie hinzu: „Und es ist ja doch so schön und grün hier oben!“ Dann musste Maren erzählen, wie sie hierhergekommen, und die Trude legte sich ins Moos zurück und hörte zu. Mitunter pflückte sie eine der Blumen, die neben ihr emporsprossten, und steckte sie sich oder dem Mädchen ins Haar. Als Maren von dem mühseligen Gange auf dem Weidendamme berichtete, seufzte die Trude und sagte: „Der Damm ist einst von euch Menschen selbst gebaut worden; aber es ist schon lange, lange her!

   



Solche Gewänder, wie du sie trägst, sah ich nie bei ihren Frauen. Sie kamen damals öfters zu mir, ich gab ihnen Keime und Körner zu neuen Pflanzen und Getreiden, und sie brachten mir zum Dank von ihren Früchten. Wie sie meiner nicht vergaßen, so vergaß ich ihrer nicht, und ihre Felder waren niemals ohne Regen. Seit lange aber sind die Menschen mir entfremdet, es kommt niemand mehr zu mir. Da bin ich denn vor Hitze und lauter Langeweile eingeschlafen, und der tückische Feuermann hätte fast den Sieg erhalten.“

   



Maren hatte sich währenddessen ebenfalls mit geschlossenen Augen auf das Moos zurückgelegt, es taute so sanft um sie her, und die Stimme der schönen Trude klang so süß und traulich. „Nur einmal“, fuhr diese fort, „aber das ist auch schon lange her, ist noch ein Mädchen gekommen, sie sah fast aus wie du und trug fast ebensolche Gewänder. Ich schenkte ihr von meinem Wiesenhonig, und das war die letzte Gabe, die ein Mensch aus meiner Hand empfangen hat.“

   
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„Seht nur“, sagte Maren, „das hat sich gut getroffen! Jenes Mädchen muss die Urahne von meinem Schatz gewesen sein, und der Trank, der mich heute so gestärkt hat, war gewiss von Eurem Wiesenhonig!“ Die Regenfrau dachte wohl noch an ihre junge Freundin von damals; denn sie fragte: „Hat sie denn noch so schöne braune Löckchen an der Stirn?“ „Wer denn, Frau Trude?“ „Nun, die Urahne, wie du sie nennst!“ „O nein, Frau Trude“, erwiderte Maren, und sie fühlte sich in diesem Augenblick ihrer mächtigen Freundin fast ein wenig überlegen – „die Urahne ist ja ganz steinalt geworden!“

   



„Alt?“, fragte die schöne Frau. Sie verstand das nicht, denn sie kannte nicht das Alter. Maren hatte große Mühe, ihr es zu erklären. „Merket nur“, sagte sie endlich, „graues Haar und rote Augen und hässlich, verdrießlich sein! Seht, Frau Trude, das nennen wir alt!“ „Freilich“, erwiderte diese, „ich entsinne mich nun; es waren auch solche unter den Frauen der Menschen; aber die Urahne soll zu mir kommen, ich mache sie wieder froh und schön.“ Maren schüttelte den Kopf. „Das geht ja nicht, Frau Trude“, sagte sie, „die Urahne ist ja längst unter der Erde.“ Die Trude seufzte. „Arme Urahne.“

   



Hierauf schwiegen beide, während sie noch immer behaglich ausgestreckt im weichen Moose lagen. „Aber Kind!“, rief plötzlich die Trude, „da haben wir über all dem Geplauder ja ganz das Regenmachen vergessen. Schlag doch nur die Augen auf! Wir sind ja unter lauter Wolken ganz begraben; ich sehe dich schon gar nicht mehr!“ „Ei, da wird man ja nass wie eine Katze!“, rief Maren, als sie die Augen aufgeschlagen hatte. Die Trude lachte. „Klatsch nur ein wenig in die Hände, aber nimm dich in acht, dass du die Wolke nicht zerreißt!“

   
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So begannen beide leise in die Hände zu klopfen; und alsbald entstand ein Gewoge und Geschiebe, die Nebelgebilde drängten sich nach den Öffnungen und schwammen, eins nach dem andern, ins Freie hinaus. Nach kurzer Zeit sah Maren schon wieder den Brunnen vor sich und den grünen Boden mit den gelben und violetten Irisblüten. Dann wurden auch die Fensterhöhlen frei, und sie sah weithin über den Bäumen des Gartens die Wolken den ganzen Himmel überziehen. Allmählich verschwand die Sonne. Noch ein paar Augenblicke, und sie hörte es draußen wie einen Schauer durch die Bäume und Gebüsche wehen, und dann rauschte es hernieder, mächtig und unablässig. Maren saß aufgerichtet mit gefaltenen Händen. „Frau Trude, es regnet“, sagte sie leise.

   



Diese nickte kaum merklich mit ihrem schönen blonden Kopfe; sie saß wie träumend. Plötzlich aber entstand draußen ein lautes Prasseln und Heulen, und als Maren erschrocken hinausblickte, sah sie aus dem Bette des Umgebungsstromes, den sie kurz vorher überschritten hatte, sich ungeheure weiße Dampfwolken stoßweise in die Luft erheben. In demselben Augenblicke fühlte sie sich auch von den Armen der schönen Regenfrau umfangen, die sich zitternd an das neben ihr ruhende junge Menschenkind schmiegte. „Nun gießen sie den Feuermann aus“, flüsterte sie, „horch nur, wie er sich wehrt! Aber es hilft ihm doch nichts mehr.“ Eine Weile hielten sie sich so umschlossen; da wurde es stille draußen, und es war nun nichts zu hören als das sanfte Rauschen des Regens.

   



– Da standen sie auf, und die Trude ließ die Falltür des Brunnens herab und verschloss sie. Maren küsste ihre weiße Hand und sagte: „Ich danke Euch, liebe Frau Trude, für mich und alle Leute in unserm Dorfe! Und“, – setzte sie ein wenig zögernd hinzu – „nun möchte ich wieder heimgehen!“ „Schon gehen?“, fragte die Trude. „Ihr wisst es ja, mein Schatz wartet auf mich; er mag schon wacker nass geworden sein.“ Die Trude erhob den Finger. „Wirst du ihn auch später niemals warten lassen?“ „Gewiss nicht, Frau Trude!“ „So geh', mein Kind; und wenn du heimkommst, so erzähle den andern Menschen von mir, dass sie meiner fürder nicht vergessen. – Und nun komm! Ich werde dich geleiten.“

   
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Draußen unter dem frischen Himmelstau war schon überall das Grün des Rasens und an Baum und Büschen das Laub hervorgesprossen. – Als sie an den Strom kamen, hatte das Wasser sein ganzes Bett wieder ausgefüllt, und als erwartete er sie, ruhte der Kahn, wie von unsichtbarer Hand wiederhergestellt, schaukelnd an dem üppigen Grase des Uferrandes. Sie stiegen ein, und leise glitten sie hinüber, während die Tropfen spielend und klingend in die Flut fielen. Da, als sie eben an das andre Ufer traten, schlugen neben ihnen die Nachtigallen ganz laut aus dem Dunkel des Gebüsches. „Oh!“, sagte die Trude und atmete so recht aus Herzensgrunde, „es ist noch Nachtigallenzeit, es ist noch nicht zu spät!“

   



Da gingen sie an dem Bach entlang, der zu dem Wasserfall führte. Der stürzte sich schon wieder tosend über die Felsen und floss dann strömend in der breiten Rinne unter den dunklen Linden fort. Sie mussten, als sie hinabgestiegen waren, an der Seite unter den Bäumen hingehen. Als sie wieder ins Freie traten, sah Maren den fremden Vogel in großen Kreisen über einem See schweben, dessen weites Becken sich zu ihren Füßen dehnte. Bald gingen sie unten längs dem Ufer hin, fortwährend die süßesten Düfte atmend und auf das Anrauschen der Wellen horchend, die über glänzende Kiesel an dem Strande hinaufströmten.

   



Tausende von Blumen blühten überall. Auch Veilchen und Maililien bemerkte Maren, und andere Blumen, deren Zeit eigentlich längst vorüber war, die aber wegen der bösen Glut nicht hatten zur Entfaltung kommen können. „Die wollen auch nicht zurückbleiben“, sagte die Trude, „das blüht nun alles durcheinander hin.“ Mitunter schüttelte sie ihr blondes Haar, dass die Tropfen wie Funken um sie her sprühten, oder sie schränkte ihre Hände zusammen, dass von ihren vollen weißen Armen das Wasser wie in eine Muschel hinabfloss. Dann wieder riss sie die Hände auseinander, und wo die hingesprühten Tropfen die Erde berührten, da stiegen neue Düfte auf, und ein Farbenspiel von frischen, nie gesehenen Blumen drängte sich leuchtend aus dem Rasen.

   



Als sie um den See herum waren, blickte Maren noch einmal auf die weite, bei dem niederfallenden Regen kaum übersehbare Wasserfläche zurück; es schauerte sie fast bei dem Gedanken, dass sie am Morgen trockenen Fußes durch die Tiefe gegangen sei. Bald mussten sie dem Platze nahe sein, wo sie ihren Andrees zurückgelassen hatte. Und richtig! Dort unter den hohen Bäumen lag er mit aufgestütztem Arm; er schien zu schlafen.

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

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