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Fredeswinds Märchenschatztruhe
Schnell und heimlich wurde die Hirtentochter, die sehr hässlich war, herbeigeholt, schön geputzt und in den Wagen des Bären gesetzt.

   


Draußen legte der Bär sein wildes zotteliches Haupt auf den Schoß der Hirtin und brummte:
Graue mich, grabble mich,
Hinter den Ohren zart und fein,
Oder ich fress dich mit Haut und Bein!“
Und das Mädchen fing an zu grabbeln; aber sie machte es dem Bären nicht recht, und er merkte, dass er betrogen wurde; da wollte er die geputzte Hirtin fressen, doch diese sprang rasch in ihrer Todesangst aus dem Wagen.

   


Darauf fuhr der Bär abermals vor das Haus des Kaufmanns und forderte furchtbar drohend die rechte Braut. So musste denn das liebliche Mägdlein herbei, um nach schwerem bittren Abschied mit dem hässlichen Bräutigam fortzufahren.

   


Draußen brummte er wieder, seinen rauen Kopf auf des Mädchens Schoß legend:
Graue mich, grabble mich,
Hinter den Ohren zart und fein,
Oder ich fress dich mit Haut und Bein!“



   
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Und das Mädchen grabbelte, und so sanft, dass es ihm behagte und dass sein furchtbarer Bärenblick freundlich wurde, so dass allmählich die arme Bärenbraut einiges Vertrauen zu ihm gewann. Die Reise dauerte nicht gar lange, denn der Wagen fuhr ungeheuer schnell, als brause ein Sturmwind durch die Luft.

   


Bald kamen sie in einen sehr dunklen Wald, und dort hielt plötzlich der Wagen vor einer finstergähnenden Höhle. Diese war die Wohnung des Bären. Oh, wie zitterte das Mädchen!

   


Und zumal da der Bär sie mit seinen furchtbaren Klauenarmen umschlang und zu ihr freundlich brummend sprach: „Hier sollst du wohnen, Bräutchen, und glücklich sein, so du drinnen dich brav benimmst, dass mein wildes Getier dich nicht zerreißt.“

   


Und er schloss, als beide in der dunklen Höhle einige Schritte getan, eine eiserne Türe auf und trat mit der Braut in ein Zimmer, das voll von giftigem Gewürm angefüllt war, welches ihnen gierig entgegenzüngelte.

   
Fredeswind Märchenschatztruhe

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"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Und der Bär brummte seinem Bräutchen ins Ohr:
Sieh dich nicht um!
Nicht rechts, nicht links;
Gerade zu, so hast du Ruh!“

   


Da ging auch das Mädchen, ohne sich umzublicken, durch das Zimmer, und es regte und bewegte sich so lange kein Wurm.

   


Und so ging es noch durch zehn Zimmer, und das letzte war von den scheußlichsten Kreaturen angefüllt, Drachen und Schlangen, giftgeschwollenen Kröten, Basilisken und Lindwürmern.
Und der Bär brummte in jedem Zimmer:
Sieh dich nicht um!
Nicht rechts, nicht links;
Gerade zu, so hast du Ruh!“

   


Das Mädchen zitterte und bebte vor Angst und Bangigkeit wie in Espenlaub, doch blieb sie standhaft, sah sich nicht um, nicht rechts, nicht links. Als sich aber das zwölfte Zimmer öffnete, strahlte beiden ein glänzender Lichtschimmer entgegen.

   
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Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Es erschallte drinnen eine liebliche Musik, und es jauchzte überall wie Freudengeschrei, wie Jubel. Ehe sich die Braut nur ein wenig besinnen konnte, noch zitternd vom Schauen des Entsetzlichen und nun wieder dieser überraschenden Lieblichkeit - tat es einen furchtbaren Donnerschlag, also dass sie dachte, es breche Erde und Himmel zusammen.

   


Aber bald ward es wieder ruhig. Der Wald, die Höhle, die Gifttiere, der Bär - waren verschwunden; ein prächtiges Schloss mit goldgeschmückten Zimmern und schön gekleideter Dienerschaft stand dafür da.

   


Und der Bär war ein schöner junger Mann geworden, war der Fürst des herrlichen Schlosses, der nun sein liebes Bräutchen an das Herz drückte und ihr tausendmal dankte, dass sie ihn und seine Diener, das Getier, so liebreich aus seiner Verzauberung erlöset.

   


Die nun so hohe, reiche Fürstin trug aber noch immer ihren schönen Nusszweig am Busen, der die Eigenschaft hatte, nie zu verwelken, und trug ihn jetzt nur noch um so lieber, da er der Schlüssel ihres holden Glückes geworden.

   


Bald wurden ihre Eltern und ihre Geschwister von diesem freundlichen Geschick benachrichtigt und wurden für immer, zu einem herrlichen Wohlleben, von dem Bärenfürsten auf das Schloss genommen.

   


ENDE
Fredeswind Märchenschatztruhe

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Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Wiedereinmal ein schönes Märchen was wieder einmal sehr gut umgesetzt wurde!
Und ich versteh jetzt besser wie die vielen Schlossnahmen so zu stande kommen   Grinsen
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Schöne Märchenversion und mal wieder wunderschön umgesetzt. daumen

Die bechsteinsche Version kannte ich ja noch nicht, drum war es spannend, diese hier zu lesen. (Mit deinen Bildern machen die Märchen viel mehr Spaß)

Bleiben allerdings noch ein paar Fragen:
Wie konnte der Bär seine Braut am Kraulen erkennen?
Womit wurde der Bär erlöst? Nur durchs Vorbeilaufen am Getier?
Warum steckt man sich eigentlich einen Nusszweig ans Kleid? Ich würde die Nüsse ja aufessen. 
What

:008-kavalier: Ines
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Einfach nur schööön!
Vielen Dank, dass du uns wieder einmal ein wenig in deine Märchenwelt entführt hast!
Ich muss  in den Feiertagen unbedingt wieder ein Märchenbuch in die Hand nehmen!

Liebe Grüße Kavalier

Michael
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(12.12.2018, 16:09)Aquarius schrieb: Wiedereinmal ein schönes Märchen was wieder einmal sehr gut umgesetzt wurde!
Und ich versteh jetzt besser wie die vielen Schlossnahmen so zu stande kommen   Grinsen

Danke Danke Rotwerd Rotwerd 
Das Schloss könnte Schloss Bärenfels heißen. 

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee
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(13.12.2018, 13:08)Artona schrieb: Schöne Märchenversion und mal wieder wunderschön umgesetzt. daumen

Die bechsteinsche Version kannte ich ja noch nicht, drum war es spannend, diese hier zu lesen. (Mit deinen Bildern machen die Märchen viel mehr Spaß)

Bleiben allerdings noch ein paar Fragen:
Wie konnte der Bär seine Braut am Kraulen erkennen?
Womit wurde der Bär erlöst? Nur durchs Vorbeilaufen am Getier?
Warum steckt man sich eigentlich einen Nusszweig ans Kleid? Ich würde die Nüsse ja aufessen. 
What

:008-kavalier: Ines

Danke Danke  Danke
Rotwerd Rotwerd Rotwerd 

Gute Fragen:

Vielleicht hatte die Braut nur die weicheren Hände und die Hirtentochter die gröberen auf Grund ihrer Arbeit.

Die Erlösung: ich würde das so sehen, der wilde Bär warnte sie vor jedem Zimmer, sie musste ihm einfach vertrauen. Das blinde Vertrauen zu seinen Worten und ihre Standhaftigkeit führten zur Erlösung.

Den Nusszweig betrachtet sie als Kleinod, dass zu ihrem Glück führte. Die goldenen Nüsse essen? Nein, das käme ja einem Frevel gleich. Ich würde einen Schmuck , der mir so viel bedeutet auch nicht zerstören, sondern wie meinen Augapfel hüten.

So würde ich das interpretieren.

LG von der Märchenfee Fredeswind fee
Fredeswind Märchenschatztruhe

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Der Archivar schrieb:Einfach nur schööön!
Vielen Dank, dass du uns wieder einmal ein wenig in deine Märchenwelt entführt hast!
Ich muss  in den Feiertagen unbedingt wieder ein Märchenbuch in die Hand nehmen!

Liebe Grüße Kavalier

Michael

Danke Danke Rotwerd Rotwerd 

Mach das, nimm mal wieder ein Märchenbuch zur Hand. Ich finde, das lohnt sich immer.

LG von der Märchenfee Fredeswindfee
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