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Fredeswinds Märchenschatztruhe
(31.01.2021, 19:14)JTD schrieb:
(31.01.2021, 18:55)Fredeswind schrieb: Danke

WOW! Du warst ja mal megaschnell und hast auch noch recht!!  Es ist mein Feuermann!
Glückwunsch! 
hüpfen 3

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee

Naja, wir hatten hier ja in letzter Zeit oft genug von der Regentrude geredet... Rotwerd

Rotwerd  So gesehen, lag es fast nahe. 

Hatte ich aber eigentlich gar nicht vor, hat mich irgendwie überfahren. 

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee
Fredeswind Märchenschatztruhe

Inhalt Fredeswinds Märchenschatztruhe


"Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!"

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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(20.12.2020, 19:47)Fredeswind schrieb:
(20.12.2020, 18:50)JTD schrieb: Über "Die Regentrude" würde ich mich auch riesig freuen! Smile

Du wirst lachen! Habe ich auch schon im Visier gehabt. Hatte sogar den Text schon kopiert, um es in Abschnitte aufzuteilen. Das ist ein wunderschönes Märchen aber dummerweise ein Kunstmärchen, d. h. es ist alles so ausführlich blumig bunt, fantastisch und märchenhaft beschrieben, da habe ich beim Lesen festgestellt, dass ich das, mit meinen momentanen Möglichkeiten, nicht fotografieren kann. Es käme für mich nur gekürzt in Frage. Ich müsste stellenweise viel rauskürzen und mich nur auf die Handlung beschränken. Das will ich eigentlich nicht, weil das den Reiz des Märchens irgendwie kaputt macht und auch deshalb vielleicht enttäuschen würde, besonders dann, wenn jemand dieses Märchen kennt. Genauso geht es mir z. B. mit "Die Schneekönigin" vom Andersen. 
Aber es gibt ja noch andere Märchen. Vielleicht in ferner Zukunft einmal, falls ich mal soviel Zeit habe eine Kürzung der Regentrude in einer für mich zufriedenstellenden Art und Weise hinzubekommen.

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee

(25.12.2020, 17:47)Schoko-Queen schrieb: Liebe Fredeswind, wer dieses Märchen so gut wie Du darstellen kann,

sollte mit der Regentrude keine Probleme haben. Grinsen 

Sehr schön geworden! daumen

Smile

(25.12.2020, 18:35)JTD schrieb: Ich gebe Irmtraud da schon recht - "Die Regentrude" ist eine ziemlich komplexe Geschichte, die braucht ganz schön viel Hirnschmalz und Arbeit bei der Umsetzung!

Ich freue mich über jedes Märchen, da muß ich unsere Märchenfee ja nicht noch extra fordern... Smile

Danke

So, jetzt habt ihr den Salat! Ich habe mich doch daran gewagt, wie erfolgreich wird sich zeigen. 

Meine lieben Märchenfreunde,  Kavalier

schon im vorigen Jahr habe ich überlegt, ob ich nicht einmal 'Die Regentrude' von Theodor Storm inszenieren könnte. Ich hatte mich aber dagegen entschieden. Als ich das Märchen dafür durchgelesen habe, stellte ich fest, dass dieses schwer werden würde. Dann habe ich überlegt, ob ich es kürzen sollte, aber dann würde das Märchenhafte und dessen Charme darunter leiden. So habe ich beschlossen den ursprünglichen Text zu übernehmen, auch wenn ich den einen oder anderen Kompromiss schließen musste. Ich berufe mich da mal auf die sogenannte 'künstlerische Freiheit'. Also nicht wundern, wenn meine Weiden, in Ermangelung solcher, aus Eichen und sonstigen Laubbäumen bestehen, oder es keine verdorrten Blumen zu sehen gibt u. ä. Diese Sachen stehen ja schließlich im Text und man kann sich das selber noch zusätzlich zu meinen Bildern ausmalen.

Ein Teil des Märchens habe ich schon fotografiert, es wird aber im Laufe des Februars hoffentlich fertig werden, sofern ich nicht an der Inszenierung verzweifle. Wenigstens habe ich schon einige Ideen, bloß wie ich sie ausführen werde, entscheidet sich erst während des Inszenierens. Es ist also mehr oder weniger ein Experiment.

Ich hoffe ihr habt trotzdem Spaß daran, auch wenn es dieses Mal verhältnismäßig viel Text geben wird. Ich liebe dieses Märchen, es stellt aber auch auf jeden Fall eine Herausforderung für mich dar. Ich weiß nicht, wie oft ich den Feuermann gesteckt habe, bis ich mit ihm einigermaßen zufrieden war. Er hat zwar keine Spinnenbeine, geschweigedenn sieht 'knorpsig' aus, oder kann Funken aus dem Bart sprühen lassen usw. (ich denke ihr wisst was ich meine), aber ihr habt ihn erkannt, das ist die Hauptsache.
Morgen gibt es die ersten Bilder, denn heute komme ich nicht mehr dazu.

Wenn es dann soweit ist, wünsche ich euch viel Spaß beim Schmökern, auch wenn es schwierig werden könnte dranzubleiben. Schließlich ist das Märchen ziemlich lang und solche Projekte benötigen einen langen Atem, nicht nur beim Inszenieren, Kreieren und was noch so alles dazugehört.

LG von der Märchenfee Fredeswind fee
Fredeswind Märchenschatztruhe

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Die Regentrude


(frei nach Theodor Storm)




Einen so heißen Sommer, wie nun vor hundert Jahren, hat es seitdem nicht wieder gegeben. Kein Grün fast war zu sehen; zahmes und wildes Getier lag verschmachtet auf den Feldern. 
Es war an einem Vormittag. Die Dorfstraßen standen leer; wer nur konnte, war ins Innerste der Häuser geflüchtet; selbst die Dorfkläffer hatten sich verkrochen. nur der dicke Wiesenbauer stand breitspurig in der Torfahrt seines stattlichen Hauses und rauchte im Schweiße seines Angesichts aus seinem großen Meerschaumkopfe. 

   



Dabei schaute er schmunzelnd einem mächtigen Fuder Heu entgegen, das eben von seinen Knechten in die Diele gefahren wurde. – Er hatte vor Jahren eine bedeutende Fläche sumpfigen Wiesenlandes um einen geringen Preis erworben, und die letzten dürren Jahre, welche auf den Feldern seiner Nachbarn das Gras versengten, hatten ihm die Scheuern mit duftendem Heu und den Kasten mit blanken Krontalern gefüllt.

   



So stand er auch jetzt und rechnete, was bei den immer steigenden Preisen der Überschuss der Ernte für ihn einbringen könne. „Sie kriegen alle nichts“, murmelte er, indem er die Augen mit der Hand beschattete und zwischen den Nachbarsgehöften hindurch in die flimmernde Ferne schaute; „es gibt gar keinen Regen mehr in der Welt.“ Dann ging er an den Wagen, der eben abgeladen wurde; er zupfte eine Handvoll Heu heraus, führte es an seine breite Nase und lächelte so verschmitzt, als wenn er aus dem kräftigen Duft noch einige Krontaler mehr herausriechen könnte.

   
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In demselben Augenblicke war eine etwa fünfzigjährige Frau ins Haus getreten. Sie sah blass und leidend aus, und bei dem schwarzseidenen Tuche, das sie um den Hals gesteckt trug, trat der bekümmerte Ausdruck ihres Gesichtes nur noch mehr hervor. „Guten Tag, Nachbar“, sagte sie, indem sie dem Wiesenbauer die Hand reichte, „ist das eine Glut; die Haare brennen einem auf dem Kopfe!“ „Lass brennen, Mutter Stine, lass brennen“, erwiderte er, „seht nur das Fuder Heu an! Mir kann's nicht zu schlimm werden!“

   



„Ja, ja, Wiesenbauer, Ihr könnt schon lachen; aber was soll aus uns andern werden, wenn das so fortgeht!“ Der Bauer drückte mit dem Daumen die Asche in seinen Pfeifenkopf und stieß ein paar mächtige Dampfwolken in die Luft. „Seht Ihr“, sagte er, „das kommt von der Überklugheit. Ich hab's ihm immer gesagt; aber Euer Seliger hat's allweg besser verstehen wollen. Warum musste er all sein Tiefland vertauschen! Nun sitzt Ihr da mit den hohen Feldern, wo Eure Saat verdorrt und Euer Vieh verschmachtet.“ Die Frau seufzte.

   



Der dicke Mann wurde plötzlich herablassend. „Aber, Mutter Stine“, sagte er, „ich merke schon, Ihr seid nicht von ungefähr hierhergekommen; schießt nur immer los, was Ihr auf dem Herzen habt!“ Die Witwe blickte zu Boden. „Ihr wisst wohl“, sagte sie, „die fünfzig Taler, die Ihr mir geliehen, ich soll sie auf Johanni zurückzahlen, und der Termin ist vor der Tür.“ Der Bauer legte seine fleischige Hand auf ihre Schulter. „Nun macht Euch keine Sorge, Frau! Ich brauche das Geld nicht; ich bin nicht der Mann, der aus der Hand in den Mund lebt. Ihr könnt mir Eure Grundstücke dafür zum Pfand einsetzen; sie sind zwar nicht von den besten, aber mir sollen sie diesmal gut genug sein. Auf den Sonnabend könnt Ihr mit mir zum Gerichtshalter fahren.“

   



Die bekümmerte Frau atmete auf. „Es macht zwar wieder Kosten“, sagte sie, „aber ich danke Euch doch dafür.“ Der Wiesenbauer hatte seine kleinen klugen Augen nicht von ihr gelassen. „Und“, fuhr er fort, „weil wir hier einmal beisammen sind, so will ich Euch auch sagen, der Andrees, Euer Junge, geht nach meiner Tochter!“ „Du lieber Gott, Nachbar, die Kinder sind ja miteinander aufgewachsen!“ „Das mag sein, Frau; wenn aber der Bursche meint, er könne sich hier in die volle Wirtschaft einfreien, so hat er seine Rechnung ohne mich gemacht!“

   
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Der Anfang sieht doch schon mal sehr vielversprechend aus.  daumen

Mich freut es, dass du dir die Mühe mit diesem Märchen machst. hüpfen 2 Gelesen habe ich es noch nie, als Kind hatte ich eine Hörspielversion auf Schallplatte und die Verfilmung habe ich vor ein paar Jahren auch gesehen. Jetzt bin ich mal gespannt auf den Originaltext, ohne Bilder hätte ich den bestimmt nicht gelesen. Rotwerd
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(01.02.2021, 19:15)Artona schrieb: Der Anfang sieht doch schon mal sehr vielversprechend aus.  daumen

Mich freut es, dass du dir die Mühe mit diesem Märchen machst. hüpfen 2 Gelesen habe ich es noch nie, als Kind hatte ich eine Hörspielversion auf Schallplatte und die Verfilmung habe ich vor ein paar Jahren auch gesehen. Jetzt bin ich mal gespannt auf den Originaltext, ohne Bilder hätte ich den bestimmt nicht gelesen. Rotwerd

Danke Danke Rotwerd Rotwerd

Der Anfang ist auch noch keine wirkliche Herausforderung, das kommt erst noch.

So kommt man zu einem Ausflug in die Literatur, die man sonst kaum gelesen hätte, mit Playmobilbildern. Das finde ich toll!   daumen

LG von der Märchenfee Fredeswind   fee
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Die schwache Frau richtete sich ein wenig auf und sah ihn mit fast zürnenden Augen an. „Was habt Ihr denn an meinem Andrees auszusetzen?“ , fragte sie. „Ich an Eurem Andrees, Frau Stine? – Auf der Welt gar nichts! Aber“ – und er strich sich mit der Hand über die silbernen Knöpfe seiner (roten) Weste – „meine Tochter ist eben meine Tochter, und des Wiesenbauers Tochter kann es besser belaufen.“ „Trotzt nicht zu sehr, Wiesenbauer“, sagte die Frau milde, „ehe die heißen Jahre kamen –!“ „Aber sie sind gekommen und sind noch immer da, und auch für dies Jahr ist keine Aussicht, dass Ihr eine Ernte in die Scheuer bekommt. Und so geht's mit Eurer Wirtschaft immer weiter rückwärts.“

   



Die Frau war in tiefes Sinnen versunken; sie schien die letzten Worte kaum gehört zu haben. „Ja“, sagte sie, „Ihr mögt leider recht behalten, die Regentrude muss eingeschlafen sein; aber – sie kann geweckt werden!“ „Die Regentrude?“, wiederholte der Bauer hart. „Glaubt Ihr auch an das Gefasel?“ „Kein Gefasel, Nachbar!“, erwiderte sie geheimnisvoll. „Meine Urahne, da sie jung gewesen, hat sie selber einmal aufgeweckt. Sie wusste auch das Sprüchlein noch und hat es mir öfters vorgesagt, aber ich habe es seither längst vergessen.“

   



Der dicke Mann lachte, dass ihm die silbernen Knöpfe auf seinem Bauche tanzten. „Nun, Mutter Stine, so setzt Euch hin und besinnt Euch auf Euer Sprüchlein. Ich verlasse mich auf mein Wetterglas, und das steht seit acht Wochen auf beständig Schön!“ „Das Wetterglas ist ein totes Ding, Nachbar; das kann doch nicht das Wetter machen!“ „Und Eure Regentrude ist ein Spukeding, ein Hirngespinst, ein Garnichts!“ „Nun, Wiesenbauer“, sagte die Frau schüchtern, „Ihr seid einmal einer von den Neugläubigen!“ Aber der Mann wurde immer eifriger. „Neu- oder altgläubig!“ rief er, „geht hin und sucht Eure Regenfrau und sprecht Euer Sprüchlein, wenn Ihr's noch beisammenkriegt! Und wenn Ihr binnen heut und vierundzwanzig Stunden Regen schafft, dann –!“ Er hielt inne und paffte ein paar dicke Rauchwolken vor sich hin.

   



„Was dann, Nachbar?“, fragte die Frau. „Dann – – dann – zum Teufel, ja, dann soll Euer Andrees meine Maren freien!“ In diesem Augenblicke öffnete sich die Tür des Wohnzimmers, und ein schönes schlankes Mädchen mit rehbraunen Augen trat zu ihm auf die Durchfahrt hinaus. „Topp, Vater“, rief sie, „das soll gelten!“ Und zu einem ältlichen Manne gewandt, der eben von der Straße her ins Haus trat, fügte sie hinzu: „Ihr habt's gehört, Vetter Schulze!“ „Nun, nun, Maren“, sagte der Wiesenbauer, „du brauchst keine Zeugen gegen deinen Vater aufzurufen; von meinem Wort da beißt dir keine Maus auch nur ein Titelchen ab.“

   
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Der Schulze schaute indes, auf seinen langen Stock gestützt, eine Weile in den freien Tag hinaus; und hatte nun sein schärferes Auge in der Tiefe des glühenden Himmels ein weißes Pünktchen schwimmen sehen, oder wünschte er es nur und glaubte es deshalb gesehen zu haben, aber er lächelte hinterhältig und sagte: „Mög's Euch bekommen, Vetter Wiesenbauer, der Andrees ist allewege ein tüchtiger Bursch!“

   



Bald darauf, während der Wiesenbauer und der Schulze in dem Wohnzimmer des erstern über allerlei Rechnungen beisammensaßen, trat Maren an der andern Seite der Dorfstraße mit Mutter Stine in deren Stübchen. „Aber Kind“, sagte die Witwe, indem sie ihr Spinnrad aus der Ecke holte, „weißt du denn das Sprüchlein für die Regenfrau?“ „Ich?“ fragte das Mädchen, indem sie erstaunt den Kopf zurückwarf. „Nun, ich dachte nur, weil du so keck dem Vater vor die Füße tratst.“

   



„Nicht doch, Mutter Stine, mir war nur so ums Herz, und ich dachte auch, Ihr selber würdet's wohl noch beisammen bekommen. Räumt nur ein bissel auf in Eurem Kopfe; es muss ja noch irgendwo verkramet liegen!“ Frau Stine schüttelte den Kopf. „Die Urahne ist mir früh gestorben. Das aber weiß ich wohl noch, wenn wir damals große Dürre hatten, wie eben jetzt, und uns dabei mit der Saat oder dem Viehzeug Unheil zuschlug, dann pflegte sie wohl ganz heimlich zu sagen: ‚Das tut der Feuermann uns zum Schabernack, weil ich einmal die Regenfrau geweckt habe!‘ „Der Feuermann?“, fragte das Mädchen, „wer ist denn das nun wieder?“

   



Aber ehe sie noch eine Antwort erhalten konnte, war sie schon ans Fenster gesprungen und rief: „Um Gott, Mutter, da kommt der Andrees; seht nur, wie verstürzt er aussieht!“ Die Witwe erhob sich von ihrem Spinnrade: „Freilich, Kind“, sagte sie niedergeschlagen, „siehst du denn nicht, was er auf dem Rücken trägt? Da ist schon wieder eins von den Schafen verdurstet.“

   
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Bald darauf trat der junge Bauer ins Zimmer und legte das tote Tier vor den Frauen auf den Estrich. „Da habt ihr's!“ sagte er finster, indem er sich mit der Hand den Schweiß von der heißen Stirn strich. Die Frauen sahen mehr in sein Gesicht als auf die tote Kreatur. „Nimm dir's nicht so zu Herzen, Andrees!“ sagte Maren. „Wir wollen die Regenfrau wecken, und dann wird alles wieder gut werden.“ „Die Regenfrau!“, wiederholte er tonlos. „Ja, Maren, wer die wecken könnte! – Es ist aber auch nicht wegen dem allein; es ist mir etwas widerfahren draußen.“ – Die Mutter fasste zärtlich seine Hand. „So sag es von dir“, ermahnte sie, „damit es dich nicht siech mache!“

   



„So hört denn!“, erwiderte er. – „Ich wollte nach unsern Schafen sehen und ob das Wasser, das ich gestern Abend für sie hinaufgetragen, noch nicht verdunstet sei. Als ich aber auf den Weideplatz kam, sah ich sogleich, dass es dort nicht seine Richtigkeit habe; der Wasserzuber war nicht mehr, wo ich ihn hingestellt, und auch die Schafe waren nicht zu sehen. Um sie zu suchen, ging ich den Rain hinab bis an den Riesenhügel. Als ich auf die andre Seite kam, da sah ich sie alle liegen, keuchend, die Hälse lang auf die Erde gestreckt; die arme Kreatur hier war schon krepiert. Daneben lag der Zuber umgestürzt und schon gänzlich ausgetrocknet. Die Tiere konnten das nicht getan haben; hier musste eine böswillige Hand im Spiele sein.“

   



„Kind, Kind“, unterbrach ihn die Mutter, „wer sollte einer armen Witwe Leides zufügen!“ „Hört nur zu, Mutter, es kommt noch weiter. Ich stieg auf den Hügel und sah nach allen Seiten über die Ebene hin; aber kein Mensch war zu sehen, die sengende Glut lag wie alle Tage lautlos über den Feldern. Nur neben mir auf einem der großen Steine, zwischen denen das Zwergenloch in den Hügeln hinabgeht, saß ein dicker Molch und sonnte seinen hässlichen Leib. Als ich noch so halb ratlos, halb ingrimmig um mich her starrte, hörte ich auf einmal hinter mir von der andern Seite des Hügels her ein Gemurmel, wie wenn einer eifrig mit sich selber redet, und als ich mich umwende, sehe ich ein knorpsiges Männlein in feuerrotem Rock und roter Zipfelmütze unten zwischen dem Heidekraut auf und ab stapfen. – Ich erschrak mich, denn wo war es plötzlich hergekommen!

   



– Auch sah es gar so arg und missgeschaffen aus. Die großen braunroten Hände hatte es auf dem Rücken gefaltet, und dabei spielten die krummen Finger wie Spinnenbeine in der Luft. - Ich war hinter den Dornbusch getreten, der neben den Steinen aus dem Hügel wächst, und konnte von hier aus alles sehen, ohne selbst bemerkt zu werden. Das Unding drunten war noch immer in Bewegung; es bückte sich und riss ein Bündel versengten Grases aus dem Boden, dass ich glaubte, es müsse mit seinem Kopf vornüber schießen.

   
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Aber es stand schon wieder auf seinen Spindelbeinen, und indem es das dürre Kraut zwischen seinen großen Fäusten zu Pulver rieb, begann es so entsetzlich zu lachen, dass auf der andern Seite des Hügels die halbtoten Schafe aufsprangen und in wilder Flucht an dem Rain hinunterjagten. Das Männlein aber lachte noch gellender, und dabei begann es von einem Bein auf’s andere zu springen, dass ich fürchtete, die dünnen Stäbchen müssten unter seinem klumpigen Leibe zusammenbrechen. Es war grauenvoll anzusehen, denn es funkte ihm dabei ordentlich aus seinem kleinen schwarzen Augen.“

   



Die Witwe hatte leise des Mädchens Hand gefasst. „Weißt du nun, wer der Feuermann ist?“, sagte sie. Maren nickte. „Das Allergrausenhafteste aber“, fuhr Andrees fort, „war seine Stimme. ‚Wenn sie es wüssten, wenn sie es wüssten!‘, schrie er, ‚die Flegel, die Bauerntölpel!‘ Und dann sang er mit seiner schnarrenden, quäkenden Stimme ein seltsames Sprüchlein; immer von vorn nach hinten, als könne er sich gar daran nicht ersättigen. Wartet nur, ich bekomm's wohl noch beisammen!“

   



Und nach einigen Augenblicken fuhr er fort.

„Dunst ist die Welle,
Staub ist die Quelle!“

Die Mutter ließ plötzlich ihr Spinnrad stehen, das sie während der Erzählung eifrig gedreht hatte, und sah ihren Sohn mit gespannten Augen an. Der aber schwieg wieder und schien sich zu besinnen. „Weiter!“ sagte sie leise. „Ich weiß nicht weiter, Mutter; es ist fort, und ich hab's mir unterwegs doch wohl hundertmal vorgesagt.“

   



Als aber Frau Stine mit unsicherer Stimme selbst fortfuhr:

„Stumm sind die Wälder,
Feuermann tanzet über die Felder!“

da setzte er rasch hinzu:

„Nimm dich in acht!
Eh du erwacht,
Holt dich die Mutter
Heim in die Nacht!“

   
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